Viel Platz ist in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf, vieles kann man hier zeigen, allerdings nicht alles. Irgendwann mussten die Kuratoren der aktuellen Schau plastisch skulpturaler Arbeiten aus Düsseldorf einen Schnitt machen und neben den objektiven äußeren Kriterien auch das Subjektive zulassen: vor allem an der Stelle, an der es um repräsentative Positionen der jüngsten Zeit geht.
Initiiert von der Kunstakademie Düsseldorf und kuratiert im Besonderen von deren Rektor Tony Cragg in Kooperation mit den beiden Kunstgeschichtsprofessoren Robert Fleck und Siegfried Gohr, zeigt die Kunstsammlung NRW in ihrem Stammhaus am Grabbeplatz in Düsseldorf derzeit einen Überblick über das Schaffen der Professoren und Dozenten, die hier nach dem Krieg auf dem weiten Feld der Skulptur gelehrt haben. Zeitgeschichtlich und stilistisch unentbehrliche Positionen von Künstlern, die in Düsseldorf studiert haben und meist hier noch leben, flankieren die Riege der Professoren. Neben Katharina Fritsch werden so Martin Honert wie auch, in einem anderen Raum, Pia Stadtbäumer vorgestellt, die für die figurative „Erinnerungs“-Skulptur aus der Klasse von Fritz Schwegler stehen. Mit Reinhard Mucha, Thomas Schütte und Harald Klingelhöller, dazu Bogomir Ecker, sind vier Künstler vertreten, von denen keiner in Düsseldorf lehrt, die aber zu den Protagonisten der „Modellbauer“ – einer Künstlergruppe der 1980er/90er Jahre im Umfeld der Kunstakademie – gehören. Auch einer ihrer wesentlichen Lehrer ist in der Ausstellung vertreten: Klaus Rinke.
Die Ausstellung selbst setzt in den Nachkriegsjahren ein, mit Ewald Mataré, dem Lehrer von Joseph Beuys, und der „informellen“ Skulptur von Norbert Kricke. Während Mataré die aus der Konvention heraus gegebene figurative Form bewahrt – und diese in Verknappungen besonders an Tierdarstellungen erkundet – ist Kricke bereits gänzlich abstrakt, arbeitet mit dem Aufbrechen des Kernvolumens und überführt die Linien in ein Zeichnen im Raum: Er ist mit seinen kleinformatigen „Raumknoten“ ebenso vertreten wie mit einer größeren linearen Skulptur aus späterer Zeit.
Natürlich kann man jetzt die vielen berühmten Namen – von Beuys, Paik, Kounellis über Uecker und Ruthenbeck hin zu Tony Cragg, Richard Deacon und Rosemarie Trockel – aufzählen, die durchweg gut und repräsentativ vertreten sind. Man kann auch darauf hinweisen, dass hier nicht nur der Kunststandort Düsseldorf in seiner sagenhaften Qualität bestätigt wird, sondern sich zugleich eine kleine Geschichte der Skulptur seit den 1950er Jahren eingestellt hat und also eine Menge über dieses Metier zu lernen ist. Vor allem aber kann man auf die Präsentation der Großskulpturen in der Klee-Halle verweisen, die eine gelungene Demonstration von all dem sind und viel über Skulptur in unserer Zeit mitteilen – und im Übrigen über das Verhältnis des menschlichen Körpers zum Raum. Schade nur, dass mit Alfonso Hüppi und Beate Schiff wenigstens zwei der Professoren, die noch für etliche der jüngeren Künstler maßstäblich waren, fehlen. Ein weiterer Wermutstropfen: Der Katalog liegt auch nach zwei Monaten noch nicht vor. Aber, so heißt es, er kommt noch. Freuen wir uns an der Ausstellung!
„Die Bildhauer. Kunstakademie Düsseldorf, 1945 bis heute“ | bis 28.7. | K20, Kunstsammlung NRW am Grabbeplatz in Düsseldorf | www.kunstsammlung.de
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