Hand in Hand sitzen sie am Krankenbett. Zu sehen sind auf dem Schwarzweiß-Foto von Nobuyoshi Araki (*1940) nur die Hände und die schneeweißen Laken. Eine Dokumentation der Zusammengehörigkeit, ein Bild der Liebe, eine Ahnung von Endgültigkeit. Parallel zur Sammlungsbestandsschau „Goldene Impressionen: Japanische Malerei 1400 bis 1900" zeigt das Kölner Museum für Ostasiatische Kunst den zeitgenössischen Fotokünstler Araki gemeinsam mit dem Keramikkünstler Shirô Tsujimura. So soll auch eine Brücke ins Japan der Gegenwart geschlagen werden. Araki zählt zu den bedeutendsten Fotokünstlern Japans. Das Museum zeigt neben den kompletten Zyklen „Sentimental Journey“ und „Winter Journey", die beide zwischen 1971 und 1991 entstanden, auch einige großformatige Arbeiten aus der Serie „Private Photography“, die sich mit der „fließend vergänglichen Welt“ (ukiyo) Tokios im 20. und 21. Jahrhundert befasst. Darunter sind auffallend viele Nachtaufnahmen. Kein Wunder, Araki wuchs als Sohn eines Handwerkers in Tokios „Unterstadt“ (shitamachi) auf und wurde früh mit der schillernden Atmosphäre der Vergnügungsviertel vertraut, die seine Wahrnehmung der Megametropole prägte. Eine weiße Katze durchstreift die Nacht, im Schnee, auf dem Balkon, vor dem Schrein. Katzen zählen zu denjenigen Tieren, denen in Japan magische, mitunter auch gefährliche Kräfte und Fähigkeiten nachgesagt werden.
Der studierte Fotograf Araki (1959 bis 1963 an der Universität Chiba) begann seine Karriere, als er seine Frau Yoko kennenlernte. Im Buch „Sentimental Journey" verarbeitete er 1971 seine Hochzeitsreise. Die Serie enthält erotische Sujets, die einen eklatanten Tabubruch in Japan darstellten. Hier begann Araki, auch in seinen Fotos das alltägliche Leben durch verschiedene Facetten eines fiktiven Ich-Erzählers zu reflektieren. Als seine Frau 1989 an Krebs erkrankte, startete Araki die Serie „Winter Journey", die er bis zu ihrer Totenfeier 1990 fortsetzte. Keine unmittelbare Art von dokumentarischer Hommage, eher eine Kurzgeschichte mit einem traurigen Künstler in der U-Bahn als Schluss, wohltuend unspektakulär entlanggehängt in einem Nebengang des Museums.
Am Ende des Korridors sieht der Besucher 12 Keramikkugeln in einer gläsernen Vitrine liegen. Dahinter auf einem Foto den japanischen Keramiker Shirô Tsujimura (*1947 in der Präfektur Nara) beim Begutachten seiner Arbeit, die sich neben permanenter gräulich-grüner Glasur auch durch ein hohes Maß an professioneller Unförmigkeit auszeichnet. Risse, ovale Öffnungen selbst bei der traditionellen Raku-Teekeramik. Tsujimuras Gefäße sprengen die herkömmliche Tradition, respektieren gleichzeitig historische Stilrichtungen. So verleiht der Meister, der in Tokio Malerei studiert hat, bevor er sich in die Berge außerhalb Naras zurückzog und dort eigenhändig eine Werkstatt, ein Teehaus sowie eine Reihe kleiner Brennöfen baute, seinen Gefäßen nach mehrtätigem Inferno im Ofen den Charakter ruinenhafter Skulpturen. Tsujimura bevorzugt dafür Shigaraki-Ton mit dessen ausgeprägten rauen Lebendigkeit. Zu den großen Keramikmeistern und den Schultraditionen moderner und zeitgenössischer japanischer Keramik hält der Einzelgänger und Autodidakt Distanz.
„Nobuyoshi Araki & Shirô Tsujimura: Work in Progress“ I bis 4.3. IMuseum für Ostasiatische Kunst, Köln I 0221 22 12 86 08
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