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Aufscheinende Traditionen

12. Februar 2024

Helena Parada Kim im Museum für Ostasiatische Kunst – kunst & gut 02/24

Der dritte Raum ist der erste. Weil der übliche Laufweg durch das Museum wegen Umbauarbeiten unterbrochen ist, betritt man die Ausstellung von Helena Parada Kim von der anderen Seite und sieht die drei Räume mit ihren Gemälden in umgekehrter Reihenfolge. Auch gut! 

Helena Parada Kim wurde 1982 in Köln geboren. Sie hat bis 2009 bei Peter Doig an der Kunstakademie Düsseldorf studiert und lebt heute in Berlin. Ihre Vorfahren stammen aus Spanien und Korea, und die Auseinandersetzung mit ihrer Herkunft ist ein Leitthema ihrer Kunst. Ihre Malerei steht in den europäischen Bildtraditionen des Realismus, aber es wäre zu leicht, sie als naturalistisch zu bezeichnen. Die Darstellung ist in die Bildfläche regelrecht imprägniert, sie scheint mitunter aufzutauchen und zugleich zu verschwinden, wie Fotografien beim Entwicklungsprozess. Zugleich umweht die überwiegend neueren Bilder im Museum für Ostasiatische Kunst die Exklusivität des Erhabenen, gesteigert noch durch die Wandfarben und die Lichtinszenierung. Was auf den Gemälden zu sehen ist, entstammt ostasiatischen, im Besonderen koreanischen Traditionen. Dazu wird in jedem der Säle als Referenz und Resonanz ein Objekt aus der Sammlung ausgestellt: eine Kanne in Melonenform aus Steinzeug (erste Hälfte 12. Jh.), das Oberteil eines Hochzeitgewandes aus bestickter Seide (19. Jh.) und ein Lackkästchen mit Perlmutteinlage (17. Jh.).

Die Ausstellung beginnt mit Darstellungen von Nahrung und Essgefäßen, die unmittelbar auf fernöstliche Bräuche und Gewohnheiten weisen, anderseits in ihrer Anordnung auf der Bildfläche an die Stillleben-Tradition etwa der niederländischen Malerei erinnern. Der nächste Raum zeigt Gemälde mit koreanischen Gewändern vor einem leicht tonigen Hintergrund, der an farbiges Papier mit Seidenfäden und gewebte Texturen denken lässt. Zugleich werden die Stoffe und Kleidungsstücke zu Stellvertretern für einzelne Menschen und für deren Anwesenheit. Zelebriert werden nicht nur die kultische Besonderheit und das Kostbare der Farben und Muster, sondern auch die Qualität der Faltung.

Das eigentliche Ereignis ist vielleicht doch der folgende dritte Raum. Die Gemälde lösen sich im minutiösen Vortrag von Natur von jeder Illustration oder Rekapitulation. Zu sehen sind Schattengewächse und Blattwerk im Unterholz, auf deren ausgebreitete Flächen der Blick fällt, aber auch – fast paradiesisch anmutend im Delikaten der aufblitzenden Farbtöne – Büsche und Blüten des Rhododendrons, die sich aus dem Dunkel herauslösen, sich vor dem Betrachter aufbauen und gleichzeitig in die Bildtiefe kippen. Dass diese Gemälde, zumal in ihrer Inszenierung, von lyrischen Texten der jungen Berliner Schriftstellerin Anna Hetzer begleitet werden, trägt zum Innehalten, Nachdenken und Vergegenwärtigen in dieser Ausstellung bei. So altmeisterlich und in fernöstliche Traditionen eingebunden die Malerei von Helena Parada Kim im ersten Augenblick wirkt, so zeitgenössisch – und mit dem westlichen Erfahrungshorizont angereichert – ist sie doch. Wie gut, dass man mit diesem Bewusstsein auf dem Rückweg noch einmal alle Bilder sieht.

Zwischenräume – Helena Parada Kim | bis 7.4. | Museum für Ostasiatische Kunst | 0221 22 12 86 08

Thomas Hirsch

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