Auf Deutschlands Straßen sind derzeit rund 41 Millionen PKWs unterwegs, die Benzin oder Diesel tanken. Die Zahl der E-Mobile ist dagegen mehr als überschaubar. Anfang des Jahres wurden 2.307 PKWs, 1.204 LKWs und 90 Busse gezählt, die ihren Treibstoff aus der Steckdose ziehen. In Prozenten ausgedrückt ist ihre Stelle hinter dem Komma kaum auszumachen. Trotzdem ist E-Mobilität ein Medienhype. Keine Automesse weltweit, auf der führende Hersteller nicht über ihren bevorstehenden Einstieg in die E-Klasse reden – wie einst über das 3-Liter-Auto. Toyota und Renault bieten bereits einzelne Modelle an, Ford, Mercedes oder VW wollen im nächsten Jahr auf den Markt. Neuerdings kommen beim „E“ auch die Pferdestärken nicht zu kurz. Der elektrische Jaguar CX-75 verfügt über 190 davon, der E-Ruf Greenster, eine Weiterentwicklung des Porsche Targa, sogar über 370. Die PS-Zahlen sind wichtig, denn der Deutsche wie der Kölner auch liebt große, schwere und schnelle Autos, wie sie vor allem die deutsche Automobilindustrie baut. Besonders Unternehmen achten bei ihren Fahrzeugen schon aus Repräsentationsgründen auf gehobene Standards. Ihre Neuwagen verfügen derzeit im Schnitt über 200 PS, deutlich mehr, als der Normalbürger einkauft. Dass Firmenwagen sich in diesen Dimensionen bewegen, hängt von den Rahmenbedingungen ab. Zum einen belohnen Steuerprivilegien den teuren Ankauf, zum anderen hat die Autolobby hierzulande bei der Verbrauchskennzeichnung durchgesetzt, dass schwere Fahrzeuge öko-mäßig staatlicherseits besser eingestuft werden als Kleinwagen. Die komplizierte Berechnung bewertet das Gewicht eines Fahrzeugs auf besondere Weise. Wenn man einschlägigen Untersuchungen glauben darf, ist der Trend zu noch mehr PS und Gewicht kaum aufzuhalten. Nutznießer der Entwicklung sind vor allem kompakte Geländewagen, die überwiegend im Stadtverkehr genutzt werden.
E-Mobilität
Die KVB, also der Öffentliche Nahverkehr, sowie die Deutsche Bahn fahren bereits elektrisch und stellen ein knappes Drittel des hiesigen Verkehrsaufkommens – Tendenz steigend. Auch für den Versuch, den Straßenverkehr elektrisch umzurüsten, sprechen gute Gründe. An erster Stelle stehen dabei umweltpolitische Überlegungen. Elektrofahrzeuge fahren nahezu emissionsfrei, sie sind sogar CO-2-neutral, wenn sie mit Strom aus erneuerbaren Energien angetrieben werden. Auf Dauer ist der elektrische Antrieb deutlich kostengünstiger und effektiver als die gängigen Benziner und Diesel. Hinzu kommt, dass die Öl-Reserven endlich sind und alle einschlägigen Prognosen davon ausgehen, dass in naher Zukunft die Benzin- und Dieselpreise noch einmal extrem ansteigen werden. E-Fahrzeuge müssten hier auch in der Masse keine Versorgungsengpässe befürchten. Die bis 2020 angestrebten rund 1 Million E-Fahrzeuge würden gerade mal 2 % des derzeitigen in Deutschland verbrauchten Stroms benötigen. Nicht zu verachten ist auch, dass E-Motoren im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren deutlich leiser sind und die Geräuschbelästigung in Städten reduzieren. E-Fahrzeuge sind also „zukunftsorientiert“, auch wenn die Probleme bei der Energiespeicherung nicht zu übersehen sind. Die derzeit gängigen Batterien sind schwer und von begrenzter Kapazität. Sie beschränken die Reichweite der E-Mobile in der Regel auf rund 200 km. Da tröstet es auch nicht, dass die Mehrzahl der Fahrten eines durchschnittlichen PKW heute bei unter 25 km liegt. Dazu kommen die hohen Anschaffungskosten.
Trendsetter
PR-Agenturen loben unabhängig davon die wenigen E-Mobilisten als „Trendsetter“, die Politik hat „nationale Innovationsprogramme“ aufgelegt und acht Modellregionen für das Thema Elektromobilität bestimmt: „Kern des Programms ist die Integration der Batterietechnologie und ihrer unterschiedlichen Anwendungen in die Mobilitäts-, Raum- und Stadtentwicklung.“ In Köln zum Beispiel startete der Feldversuch colognE-Mobil, an dem neben der Stadt und Rheinenergie u.a. die Ford AG und die Deutsche Post beteiligt waren. An der Fachhochschule Köln gibt es das Projekt eMotorsports Cologne, das die Formel 1 elektrisch ausrichten will und bereits einen Prototyp eines E-Boliden gebaut hat. Auch die Köln Messe setzt auf „alternative Antriebe, Elektromobilität und nachhaltige Umweltfreundlichkeit“ beim Verkehr. Ihre elektro:mobilia widmet sich der Elektromobilität ebenso wie die Intermot Köln, die „internationale Trendshow“ für das motorisierte Zweirad. Bei den Fahrrädern spielt denn auch die eigentliche Erfolgsgeschichte der bisherigen E-Mobility. Der Boom der Elektroroller, E-Bikes oder Pedelecs ist unübersehbar. Nach Schätzungen wurden allein in Deutschland 200.000 Pedelecs verkauft – Tendenz steigend. Auch weltweit sind sie ein Renner – vor allem in chinesischen Metropolen mit hoher Luftverschmutzung.
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