Mitte Januar – das ist eine seltsame Zeit für den Kölner. Und das nicht nur wegen den ungewöhnlich milden Temperaturen: Weihnachten ist überstanden, die Neujahrsvorsätze schon halb in Vergessenheit und der Alltagstrott hat ihn auch schon wieder in seinen Krallen. Gleichzeitig geht der Blick zaghaft und hoffnungsvoll nach vorne, denn das kölscheste aller Feste wartet auf ihn: der Karneval.
Offiziell läuft die fünfte Jahreszeit ja schon seit dem 11.11., so richtig los geht es aber erst in den kommenden Wochen. Wer sich ein Bild davon machen wollte, was da auf ihn zukommt, der konnte Mitte Januar der Generalprobe von „Fatal Banal“ in der Essigfabrik beiwohnen. Seit 1994 ist das Ensemble um Regisseurin Britt Löwenstrom fester Bestandteil des alternativen Karnevals. In selbstgeschriebenen Sketchen, unterlegt mit Live-Musik vom Spielmann´s Zoch, begibt sich die dreistündige Show auf jecke Seelenkunde. Damit hat sich Fatal Banal mittlerweile eine so große Fanbasis erwitzelt, dass dieses Jahr der Umzug in eine größere Location anstand. Das erste Mal finden die Sitzungen nicht im Bürgerzentrum Ehrenfeld statt, sondern in der Essigfabrik in Deutz.
Den Einzug von Ehrenfeld „op der Schälsick“ trat man dann auch standesgemäß mit Trompeten und Fanfaren in Bauarbeiter-Montur an – stimmig unterlegt mit Billie-Eilish-Cover. Präsident und Pate der fatal-banalen Karnevalssitzung Christoph Stubbe dagegen kam etwas später nach – auch er noch ausgestattet mit Umzugskarton und den besten schlechtesten Wortspielen, die der Essig so hergibt. Das Fazit: „Fatal Banal in der Essigfabrik – denn süß kann jeder.“
In der Folge bot das Ensemble eine dreistündige Show, die das Publikum zu begeistern wusste – mit dem vertrauten Charme des Fatal-Banal-Humors, der es immer wieder schaffte, das politische und gesellschaftliche Geschehen treffend zu verballhornen. Etwa wenn 40 Jahre nach der Gründung der Grünen ein Alt-Hippiepaar (Susanne Hermanns und Christoph Stubbe) auf den Türsteher vor dem mittlerweile durchprofessionalisierten Parteitag stößt (Harmut Ernst). Ob sie sich denn nicht mit dem Smartphone ausweisen könnten? „Smartphone?! Das kommt mir nicht in den Jutebeutel!“
Während das Paar berät, wie sie dieser Unverschämtheit begegnen sollen („Komm wir machen eine Sitzblockade“ „Aber Schatz, denk doch an deine Knie“) kommt die neue, junge Kandidatin aus dem Wahlkreis zur Hilfe (Linda Hermanns) und parkt das Paar bei den „Oldies for Future“. Fehlen darf natürlich auch nicht Greta Thunberg (Linda Hermanns). Bei der Klimasitzung in der Domstadt verordnet sie den Kölnern zwecks Umweltbilanz Kölsch statt Kaffee. Eine Lösung die durchaus auf offene Ohren stößt. Bei Fatal Banal kriegt jedes politische Lager auf die Mütze – natürlich auch die AfD, die zwar den Klimanotstand nicht einsehe, dafür aber den Demokratienotstand verursache.
Doch nicht nur die große Politik ist Thema, auch das kölsche Seelenleben wird thematisiert. Prädestiniert dazu ist „Chantalls Mutter“ (Susanne Hermanns), die in breitem Kölsch über die Versuche der Tochter berichtet, mit E-Scooter die Domstadt zu erkunden und selbst Fan des so unbeliebten neuen Fahrzeugs wird. Chantalls Mutter wittert eine Verschwörung und ruft kurzerhand die „Fridays for Scooter“ aus, während sie sich mit dem E-Roller in die Requisiten katapultiert.
Apropos Requisiten: Zusammengehalten wird die Show von Tanya Hoffmann und Eva Sauermann, die für das Bühnenbild zuständig sind. Immer wieder finden sie kreative Wege, die Umbauarbeiten auf der Bühne in die Show zu integrieren und die abwechslungsreichen Sketche und Songs ins rechte Licht zu rücken.
So erlebt das Publikum bei Fatal Banal eine dreistündige Show, die das traurige Treiben in der Welt pointiert auf die Bühne bringt. Und dabei nicht in Zynismus verfällt, sondern handfeste und echt kölsche Lösungsvorschläge ins Spiel bringt. Gegen den drohenden Abstieg des 1. FC Köln, dem Klimawandel und der Krise der SPD kann jetzt nämlich nur einer Helfen: Lukas Podolski errette uns!
Fatal Banal – Session 2019/20 – Süß kann jeder! | R: Britt Löwenstrom | 25., 26., 31.1.; 1., 2., 13., 14., 16., 19., 22., 23., 25.2. | Essigfabrik | platzreservierung@fatalbanal.de
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