Creed III: Rocky’s Legacy
USA 2023, Laufzeit: 116 Min., FSK 12
Regie: Michael B. Jordan
Darsteller: Michael B. Jordan, Tessa Thompson, Jonathan Majors
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Rocky ohne Rocky – Boxerdrama
Keine Therapiestunde!
„Creed III: Rocky’s Legacy“ von Michael B. Jordan
Adonis Creed (Michael B. Jordan) ist eigentlich drauf und dran, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen und gedenkt, sich künftig nicht mehr im Ring, sondern als Marke und als Promoter des Nachfolge-Champions zu verkaufen. Doch dann holt ihn seine Vergangenheit ein: Nach achtzehn Jahren kommt sein Jugendfreund Damian (Jonathan Majors) aus dem Knast. Damian nimmt Kontakt auf zu Adonis, und schon bald äußert er unmissverständlich seine Ambitionen: Er will der neue Champ werden! Und er braucht – die Uhr Tickt – Unterstützung. Adonis schulde ihm etwas, sagt Damian. Und Adonis hat ein schlechtes Gewissen. Nicht genug der Konflikte: Daheim nagt der Frust an der Gattin (Tessa Thompson), die aufgrund von Stimmproblemen ihre Gesangskarriere aufgeben muss. Und Töchterchen Amara wehrt sich in der Schule tatkräftig gegen Mobbing. Rocky Balboa indes, der alte Mentor von Adonis – ist von der Bildfläche komplett verschwunden.
Sechs Rocky-Filme hat Sylvester Stallone gestemmt und seine Figur würdevoll aus dem Ring getragen. In seiner Abschiedstour namens „Creed“ nimmt er dann den Sohn seines ersten großen Gegners, Apollo Creed, unter seine Fittiche. In „Creed II“ kränkelt Rocky, aber er steht. Jetzt, im dritten Teil, ist seine Figur nicht mehr existent. Ja, es gab wohl Reibereien unter den Kreativen. Dass sich Rocky in dieser Fortsetzung aber einfach in Luft auflöst, ist ärgerlich. Man lässt die Figur nicht einmal sterben. Er ist einfach nicht da, weder am Ring noch im Gedächtnis des Protagonisten, der Rocky so viel verdankt. Und damit bekommt Stallones Kultfigur doch noch einen äußerst undankbaren Abgang. Würdelos, traurig.
Hauptdarsteller Michael B. Jordan indes führt bei seinem dritten großen Kampf erstmals selbst Regie. Und er liefert ein Boxdrama, das Tür und Tor öffnet für die nächste Generation des „Rocky“-Franchise, und es ist davon auszugehen, dass hier künftig Frauen in den Ring einziehen. Da geht man ganz mit der Zeit. Und bereits in diesem Drama versucht Bianca, ihrem Adonis alternative Wege der Konfliktbewältigung aufzuzeigen. Ganz weiblich. Er will kämpfen, sie schlägt vor, man könne es auch mal mit Reden probieren. Das sind gewagte Ansätze, die hier an den Schwergewichtsweltmeister herangetragen werden. Diskurs und Dialog statt K. und O.
Ist natürlich Quatsch in einem Format wie diesem. Natürlich wird am Ende doch wieder alles im Ring geregelt: Erst boxen, dann reden. Bianca bekommt irgendwann einfach keine Screen-Time mehr, und dann ist auch schon wieder alles schnell beim Alten. Und das muss es ja auch. Auf die zwölf! Deshalb gehen wir ins Kino. Wo alles nochmal emotional aufgeladener ist als im Boxsport. Jeder Fight ist was Persönliches. Provokation, Beleidigung, dicke Lippe, kurze Lunte, Rache. Und wenn man den Gegner hasst, dann ist das ja auch ne gute Trainingseinheit und grundsätzlich leistungsfördernd.
Und so, wie man den Damen hier anfangs noch Gelegenheit gibt, deeskalierend einzuwirken, setzt man dem am Ende umso brachialer ein Ende. Das ist nun mal der Lauf der Welt: Gewalt ist alternativlos – so die grobe Botschaft hier. Erst prügeln, dann sprechen. Der Versuch empathischer Annäherung wird schon früh augenrollend als lästige „Therapiestunde“ zur Seite gebügelt. Und dass sich hier zwei Schwarze gegenseitig im Ring zur Freude aller die Fresse polieren und ein weißer Mann mit Dreadlocks den Kampf leitet – das ist heutzutage durchaus ein besonderes Bild.
Die Gestaltung des Endkampfs wird die Fan-Gemeinde spalten. Ansonsten macht Jordan einen soliden Job. Mit dem Knastbruder Damian als Antagonisten nimmt „Creed III“ unübersehbar Bezug zu „Rocky III – Das Auge des Tigers“ von 1982. Rocky bekommt es darin mit James „Clubber“ Lang zu tun, einem von Mr. T („A-Team“) verkörperten Afroamerikaner aus dem Ghetto, der dem reichen Champion an den Karren fahren will. Hier nun Jonathan Majors, dem (einzigen) Highlight aus „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“. Dieser Typ ist beängstigend gut und spielt erneut alles und jeden an die Wand. Allein seine Auftritte sind diesen Film wert.
(Hartmut Ernst)
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