Sábado - Das Hochzeitstape
Chile 2003
Regie: Matías Bize
Darsteller: Blanca Lewin, Antonia Zegers, Diego Munoz, Victor Montero
Wohl kaum was Anderes
bensi (120), 04.10.2005
Dieser Film hat mir den Abend gründlich versaut.
Ich habe grundsätzlich nichts gegen neue Ideen. Aber wenn sie nicht mehr neu sind, sondern für neu verkauft werden, dann ärgert mich das.
Die Geschichte zunächst war für mich völlig belanglos. Sie war langweilig, unzusammenhängend und beliebig.
Die Umsetzung nicht. Dafür hat sie mir Kopfschmerzen beschert. Es ist zwar wirklich eine originelle Idee, einen Film in Echtzeit zu drehen, aber neu ist das nicht (Siehe Hitchcock u. a.). Und ebenso originell ist es, einen Film nur mit einer winzigen Handkamera zu drehen. Ist aber auch nicht neu (Siehe Lars von Trier u. a.)Wenn ich mir also dieser "revolutionären" Idee schon lange bewusst bin, dann möchte ich nicht noch mal einen ganzen Film nur mit dieser Idee gequält werden, es sei denn sie wurde verfeinert oder mit einer anderen tollen Idee gekoppelt (z. B. mit einer spannenden Geschichte - siehe Blair Witch Project) oder eben nur zitiert.
Aber in "Sabado" ist es dem Regisseur einfach nicht gelungen, die Zuschauer in die Handlung eindringen zu lassen. Ständig gingen mir andere Sachen durch den Kopf, wie z. B. dass die Kinosessel unbequem waren oder meine Augen dem Geschehen nicht mehr folgen konnten. Dieser Film hat mich nicht fesseln können.
Nicht zu empfehlen!
?10 Millionen Spermien und nur ein Ei!?
juggernaut (162), 03.09.2005
Der komische Höhepunkt dieses Hochzeitsfilms der etwas anderen Art ist zweifellos die Auseinandersetzung zwischen der betrogenen Braut und dem untreuen Bräutigam, inklusive des als Teil der Handlung integrierten ?Hochzeitsfilmers?. Hier bietet ?Sábado? burlesken Boulevard vom Feinsten. Und markiert gleichzeitig die, wenn man so will, ?These? dieses Films: Männer sind Triebmaschinen und können nicht treu sein. Der nur mit einem Handtuch bekleidete, weil unter der Dusche hervorgezerrte Victor, den die wütende Blanca im Hochzeitskleid zur Rede stellt, nachdem sie an ihrem ?wichtigsten Tag? von seiner fortgesetzten Untreue (und deren unerwünschten Folgen für Victors Geliebte) erfahren hat, bestätigt diese Annahme auch noch, indem er als Erklärung für die von ihm regelrecht als ?natürlich? dargestellte männliche Untreue-Veranlagung auf den zahlenmäßigen Unterschied zwischen männlichem und weiblichem Fortpflanzungsmaterial verweist. Was Blanca erwartungsgemäß kaum beeindruckt, ebenso wenig wie Victors Versuch einer Analogie: Wenn man an seinem Computer an einer Datei arbeite, denke man natürlich erst einmal nur an diese Datei, aber schließlich gebe es da ja noch andere Dateien auf dem Rechner...
Nun ist ?Sábado? keine reine Komödie. Die von Victor vorgetragene, biologistisch-mechanistische Sichtweise auf die Liebe wird in einer anderen Passage noch einmal in ernsthaftem Ton verhandelt: Adrenalin und Hormone spielen die Hauptrolle, so erklärt es der verhinderten Braut auch ein mit ihr befreundetes Pärchen, und empfiehlt als Rezept gegen Liebesleid eine neue Liebe. Blanca selbst merkt im Laufe dieses Gesprächs leicht resigniert an, dass frau sich letzten Endes beim rücksichtslosen Macho doch besser aufgehoben fühle als beim lieben, netten, aber entscheidungsschwachen Träumerle, das im Gegensatz zum Macho nie voran komme im Leben. Am Ende beschließt sie, ihren Freund Diego aufzusuchen, mit dem sie eine nicht ausgelebte Leidenschaft verbindet, um den Versuch zu unternehmen, den Betrüger Victor nun ihrerseits zu betrügen...?Ihr schönster Tag?? ?Sábado? ist auch eine kleine Studie über ?Realismus? und ?Idealismus? in der Liebe, tragikomisch und mit einer Spur Lebensweisheit versehen: Je hehrer die Ambitionen und je höher die Erwartungen, desto wahrscheinlicher sind Scheitern und Enttäuschung.
Das filmische Experiment, dieses komische Alltagsdrama in etwas mehr als einer Stunde Echtzeit wiederzugeben, kann dabei durchaus als gelungen gelten. Ob allerdings die Wackelkamera wirklich nötig ist, um ?Leben live? adäquat zu simulieren, bleibt weiterhin fraglich. Die freiwillige Beschränkung der Mittel, wie z.B. seinerzeit in der ?Dogma?-Gründungsakte verabredet, läuft grundsätzlich immer Gefahr, zur bloßen stilistischen Fingerübung oder zum eitlen künstlerischen Selbstzweck zu verkommen. Zu dieser Sorte Film gehört ?Sábado? allerdings nicht.
In Echtzeit verschenkt
Colonia (683), 04.08.2005
Eine tolle Idee liegt "Sábado" zugrunde und das erste Drittel des Films ist klasse. Aber dann verließen sie ihn.
Witzigerweise war Matías Bize, "Regisseur" des Films, beim eigentlichen Dreh gar nicht dabei. Er konnte nur aus der Ferne beobachten und musste sich anhand der Videoaufnahmen im Nachhinein ein Bild davon machen, ob sich die langen Proben mit den Schauspielern vor der "Aufzeichnung" der Hochzeitskatastrophe gelohnt haben.
Leider, leider ist "Das Hochzeitstape" ein verschenktes Projekt. Ein paar Längen wären zu tolerieren gewesen, schließlich passiert auch "im echten Leben" nicht in jeder Minute etwas Spannendes. Aber hier hapert es verdammt arg an Drehbuch und Dramaturgie. ... Es ist wirklich schade drum!
Matías Bize war 23, als er vor zwei Jahren "Sábado" drehte. Er hat also noch viel Zeit, weitere gute Ideen reifen zu lassen.
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