Ralf König wird älter, und auch seine Protagonisten. Allen voran Konrad und Paul, das Langzeitpärchen vieler seiner Stories. Der gesetztere Konrad hat schon längst mitbekommen, dass nach der Jugend irgendwann das Alter kommt, oder zumindest etwas anderes als die ewige Jugend. Paul hingegen fällt aus allen Wolken, als er erfährt, dass es mit der Andropause etwas vergleichbares zur weiblichen Menopause geben soll, und wehrt sich in Königs neuem Buch „Herbst in der Hose“ zum Amüsement des Lesers mit Händen und Füßen gegen diese Erkenntnis. Älterwerden kann ja nicht nur tragisch, sondern auch komisch sein. Zumindest Dank Geschichtenerzählern wie Ralf König. Beruhigend ... (Rowohlt).Eine fehlende Duschbrause führt zu einer Freundschaft zwischen zwei einsamen Männern. Sie basteln sich erst ein eigenes Duschsystem und bauen dann immer mehr abstruse Geräte, die sie vom Zwang der Zivilisation befreien sollen. In „Das gelbe Pony“ erzählt Tina Brenneisen in dynamischen Schwarzweißzeichnungen von einer zarten Männerfreundschaft und deren Grenzen und von einer kleinen sozialen Befreiung und ihren Grenzen (Parallelalle).
Mit „Die große Odaliske“ haben der erfolgreiche Autorenzeichner Bastien Vivès und das schwarzhumorige Zeichner-Autoren-Duo Ruppert & Mulot ein cooles weibliches Trio erschaffen, das als Kunstdiebinnen Karriere macht. Nachdem Carole am Ende des Bandes verschollen war, treffen Alex und Sam sie nun wieder. Die Kombination aus haariger Action, Coolness, Humor und Alltagssorgen funktioniert auch im zweiten Band „Olympia“ vortrefflich. Dass die Zeichnungen ein Augenschmaus sind, macht den Genuss der Abenteuer dieser drei Wonder Women umso vergnüglicher (Reprodukt). Auch Hervé Tanquerelle erzählt seine humorvolle Abenteuergeschichte um einen Comiczeichner in Grönland in aufwändigen Farbzeichnungen. Schwindel spielt in „Grönland Vertigo“ gleich auf verschiedenen Ebenen eine Rolle: Georges Benoît-Jean hat eine Schaffenskrise, da lockt ein Angebot, eine Grönland-Expedition als Dokumentarist zu begleiten. Zwar ist Georges eher der ängstliche Typ, aber in der Hoffnung auf eine gute Story lässt er sich darauf ein. Tanquerelle heißt nicht nur fast so wie Hergé, er zeichnet auch so. Zumindest die Figuren könnten Tintin entsprungen sein, wenn auch die naturalistischen Hintergründe mit Hergés Ligne claire so gar nichts zu tun haben. Eine Art Kapitän Haddock inklusive Whisky-Leidenschaft kommt in diesem kurzweiligen Abenteuer auch noch vor (Avant Verlag).
Der französische Verlag Glénat hat eine Hommage-Reihe mit Mickey-Maus-Bänden von bekannten Zeichnern initiiert, deren erste Bände mit Interpretationen von Trondheim & Keramidas bzw. Cosey inzwischen auch auf Deutsch erschienen sind. Cosey nutzt mit „Eine geheimnisvolle Melodie“ die seltene Gelegenheit, um sentimental leichtfüßig einen Mickey in den späten 20er Jahren auf eine unabhängige, feministische Minnie treffen zu lassen. Eine charmante Liebesgeschichte! Lewis Trondheim und Keramidas tun so, als hätten sie mit „Mickey‘s Craziest Adventures“ lange verschollene Mickey-Abenteuer aus den 60er Jahren als Faksimile veröffentlicht. Den Dreh mit den vermeintlichen Fundstücken hat Trondheim bereits bei „A.L.I.E.E.N“ angewandt. Hier werden daraus surreale Stories, wie sie Mickey und Donald wohl noch nie erlebt haben, inklusive verfärbter und angerissener Seiten. Ein großer Spass! Es folgen demnächst noch mindestens zwei weitere Bände (beide Egmont).
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