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Chris Morris zu Gast im Filmforum Köln

Leid und komisches Potenzial

04. April 2012

„Four Lions“ im Filmforum – Foyer 04/12

Mittwoch, 14. März: Seit 20 Jahren schon ist Chris Morris in Großbritannien ein bekannter und beliebter Radiomoderator und Comedian. Mit „Four Lions“ hatte er im Jahr 2010 sein ungewöhnliches Regiedebüt vorgelegt, denn der Film macht sich über etwas lustig, was für viele noch immer ein Tabu darstellt: arabische Terroristen. Mit Morris’ schwarzhumoriger Komödie startete das Filmforum seine Reihe „Der komische Film“, bei der noch bis zum 6. Juni in weiteren Veranstaltungen den Mechanismen und Formen von Komik nachgespürt werden soll.

Esther Rossenbach begrüßt Chris Morris im Filmforum

Im Gespräch mit Moderator Steve Hudson erläuterte Morris zunächst, wie er zu dem ungewöhnlichen Thema für seinen Erstling gekommen war. In diversen Zeitungsartikeln hatte er von Extremisten und Möchtegern-Terroristen gelesen, die sich ziemlich dämlich angestellt hatten, und sofort das komische Potenzial erkannt, das dahintersteckt. „Viele Menschen verhalten sich idiotisch, warum sollte die Natur dabei ausgerechnet Jihad-Kämpfer ausgespart haben?“ rechtfertigte Morris die Thematik seines Werkes. Das, was er in seinem Film für sarkastische Lacher vorführe, komme wahrscheinlich noch nicht einmal annähernd an das heran, was sich in der Wirklichkeit abspiele, meinte der Regisseur. Als Recherchegrundlage hatte er Einblick in Abhörprotokolle terroristischer Zellen, deren banale Konversationen um die gleichen Themen kreisten wie bei nicht-extremistischen Altersgenossen: Frauen, Autos, Videospiele, Filme und nochmals Frauen. Steve Hudson äußerte Bedenken, weil es tatsächlich 2005 in England einen Selbstmordanschlag von vier Yorkshire-Männern pakistanischer Abstammung gegeben hatte, dem mehr als 50 Menschen zum Opfer gefallen waren.

Regisseur Chris Morris im Gespräch mit Steve Hudson

Er sah deswegen im menschlichen Leid die Quelle der komischen Elemente des Films. Doch Morris relativierte dies umgehend, indem er betonte, dass das menschliche Leid hier nicht als Quelle, sondern als Kontext für die Komik herangezogen werde. Dass man über das Unglück anderer lache, sei ohnehin ein Grundpfeiler der Komik. Dieses Konzept funktioniere umso besser, je jünger das Publikum sei. Morris begründete das damit, dass Jugendliche oftmals „verrückte Borderline-Psychotiker“ seien, die nahezu kein Empathievermögen hätten. Fragen des Publikums, ob Morris sich nach Fertigstellung des Films nie Sorgen um seine persönliche Sicherheit gemacht hätte, verneinte dieser. Anders als die Mohammed-Karikaturen oder das Verbrennen eines Korans, wodurch sich viele Moslems persönlich angegriffen fühlten, biete der Film viel zu wenig allgemeingültige Angriffsfläche.

Text/Fotos: Frank Brenner

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