Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
16 17 18 19 20 21 22
23 24 25 26 27 28 29

12.581 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

„Schönheit der Vergänglichkeit …“
Foto: Thomas Schäkel

Pathos und Attacke

25. Juni 2013

Raum13 inszeniert in Deutz „KriegsBlicke“ – Theater am Rhein 07/13

„Schönheit der Vergänglichkeit“ nennt die Gruppe raum13 ihre kleine historische Reihe, in der die Geschichte des Konzerns Klöckner Humboldt Deutz mit der Gegenwart verkoppelt wird. In dem Titel steckt nicht nur die Beschwörung des Verschwindens als ästhetischer Vorgang, sondern auch ein Ruinenbewusstsein, das aus den Trümmern die katastrophischen Zeitläufte lesbar machen möchte. Die Trümmer sind in dem Fall wörtlich zu verstehen: Das frühere KHD-Konzerngebäude, heute zum „Zentralwerk der Schönen Künste“ umbenannt, soll Folie und Gegenstand der historischen Wünschelrutengängerei sein.

Das ändert sich nun offenbar mit dem zweiten Teil „KriegsBlicke“. Im Zentrum der Stückentwicklung von Regisseurin Anja Kolacek und Ausstatter Marc Leßle steht der 1. Weltkrieg und seine mentalen Bedingungen: In einer abgerockten langgezogenen Halle steht eine Frau am Mikro und brüllt Texte über einen Soundtrack von FM Einheit. Zwei Männer in Stiefeln, die Oberkörper nackt, machen Liegestütze und Boxbewegungen. Man schnappt sich Zuschlaghammer, Feile und Flex, produziert Industrial Noise. Sätze von Jünger, Remarque, Heym etc. schwirren durch den Raum. Es werden Fahnen geschwungen, ein Staatsmann hält eine Rede in Fantasiesprache. Berührend, wenn das Trio in einer tänzerischen Sequenz an Truffauts Film „Jules und Jim“ erinnert, diese deutsch-französische Vorkriegs-Menage-à-troi.

Es sind einfache, durchaus überzeugende Bilder mit großem Hang zu körperlicher Unmittelbarkeit, verbaler Attacke und Pathos, die die Atmosphäre von 1913 heraufbeschwören sollen. Und denen als Etikett Begriffe wie Industrialisierung, Langeweile, Nationalstolz, politische Verführung, Aktionismus, Körperkult anhängen.

So stimmig das ist, es geht nicht über bereits bekannte Topoi zum 1. Weltkrieg hinaus, denn eine Fokussierung auf die Geschichte des KHD-Gebäudes oder aufs Individuelle bleibt aus. Und der kritische Brückenschlag in die Gegenwart, die ebenfalls als eine Art Vorkriegssituation gedeutet wird, kommt über die Behauptung kaum hinaus. Ein paar Bemerkungen von Afghanistan-Kämpfern sollen das beglaubigen. Doch fehlt dann eine genauere Auslotung der gegenwärtigen Verhältnisse. So bleibt es bei einem kritischen, eher allgemeingültigen (Vor-)Kriegsbilderreigen.

„Schönheit der Vergänglichkeit: #2_KriegsBlicke“ von raum13 Theaterfraktion | R: Anja Kolacek | Zentralwerk der Schönen Künste | 29.6./6./12.7. 20 Uhr | www.raum13.com

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Mufasa: Der König der Löwen

Lesen Sie dazu auch:

Höchste Zeit zu Handeln
Entwicklung des Otto-Langen-Quartiers stagniert – Spezial 01/23

Schluss mit Monopoly
raum13 will urbane Zukunft gestalten – Spezial 05/22

Welche Zukunft wollen wir?
raum13 droht das Aus im Otto-und-Langen-Quartier – Spezial 11/20

Modellprojekt für kreative Urbanität
Mülheimer „Zukunfts Werk Stadt“ zu Gast im hdak-Kubus – Spezial 11/19

Wandel mitgestalten
Das Zeitspiralfedern-Festival von raum13 – Bühne 10/18

Mülheim am Scheideweg (2)
Veedel zwischen Aufbruch und Gentrifizierung – Spezial 05/18

And the winner is ...
Kölner Theaterpreise 2013 – Theaterleben 01/14

Junge Künstler in die Fabrik
Ein Gespräch mit Anja Kolacek und Marc Leßle von raum13 über den Produktionsraum „Deutzer Zentralwerk der Schönen Künste“ - Premiere 08/11

Aufbruch zu neuen Ufern
Das Ende der Spielzeit – Theaterleben 07/11

Da machen wir nicht mit!
Schwerer Streit um das mögliche Tanzhaus in Köln - Tanz in NRW 06/10

„Wir wollen eine Skizze für das Tanzhaus entwerfen“
Anja Kolacek und Marc Lessle von Raum13 haben ein Programm für die Interimsnutzung des Kölner Tanzhauses entworfen - Premiere 04/10

Grosser Name, kleine Brötchen
Köln sucht nach dem Format für die Tanzhallen - Tanz in NRW 04/10

Theater am Rhein.

HINWEIS