choices: Frau Kolacek, Herr Leßle, Raum13 hat den Zuschlag für die Zwischennutzung des zukünftigen Tanzhauses bekommen. In welchem baulichen Zustand sind die beiden Hallen?
Anja Kolacek: Bautechnisch sind die Hallen in sehr gutem Zustand. Sie wurden vom Kulturamt angemietet und der Szene miet- und nebenkostenfrei zur Verfügung gestellt. Wir haben in unserem Konzept angeboten, die Hallen als Versammlungsstätten herzurichten und wollen am 8. Mai mit dem Tanzgipfel „Alles was tanzt“ eröffnen.
Marc Leßle: Das heißt, wir müssen Fluchtwege, Sicherheitsbeleuchtung, Feuerschutz in Form von Feuerlöschern einrichten, einen Bestuhlungsplan vorlegen, damit das Bauaufsichtsamt die temporäre Nutzung gestattet. Und da das zukünftige Tanzhaus nur aus zwei Industriehallen ohne technische Ausstattung besteht, müssen wir alle Scheinwerfer, Dimmer oder Kabel selbst reinschleppen.
Und wie sieht das inhaltliche Konzept von raum13 aus?
Anja Kolacek: Im März hat bereits die Factory- Phase mit Workshops, professionellem Training und ersten Proben begonnen. Wir veranstalten Suppenküchen als Treff- und Austauschpunkt, wo die Tanzszene Projekte vorstellt und wir über den Stand der Vorbereitung berichten. Vom Mai bis zum Sommer soll es dann eine Reihe mit Aufführungen von Kölner und auswärtigen Compagnien geben.
Wer wird da auftreten?
Anja Kolacek: Wir haben für jedes Wochenende ein eigenes Format entwickelt. Unter dem Titel „Absolute Beginner“ wird es ein Wochenende für junge Choreographen von der Hochschule für Musik und Tanz geben. Wir veranstalten den Choreographenwettbewerb „U 30“ für Choreographen unter 30 Jahren. Kazue Ikeda realisiert ein sitespecific- Projekt mit Hochschülern, und Ruben Reniers möchte in „Recherche Mülheim“ Bewohner des Stadtteils auf die Bühne bringen. In Zusammenarbeit mit dem Tanzarchiv planen wir außerdem ein Projekt mit Zeitzeugen wie Elisabeth Clarke-Hasters, Nada Kokotovic oder Katharine Sehnert.
Was ist mit Choreographinnen wie Gerda König, Barbara Fuchs, Silke Z., Stephanie Thiersch oder auch Britta Lieberknecht, die sich ja für das Tanzhaus sehr intensiv eingesetzt hat?
Anja Kolacek: Wir haben die Kölner Tanzszene aufgerufen, sich mit Vorschlägen einzubringen. Wir sind mit Stephanie Thiersch in Verhandlung wegen „Under green ground“ oder dem billig kollektiv, einem Zusammenschluss u.a. von Silke Z., Barbara Fuchs und Jörg Ritzenhoff, die als Band auftreten; außerdem sind das TKO-Theater, Body Talk, das Michael Douglas Kollektiv und weitere Truppen dabei.
Marc Leßle: Wir wollen auf jeden Fall eine Bandbreite zeigen. Der Nachwuchs ist uns sehr wichtig oder auch die Verbindung von Theater und Tanz. Außerdem veranstalten wir ein Performance-Wochenende, bei dem unter anderem André Jolles mit 687 Performance auftritt.
Inwieweit ist das Haus offen für alle?
Anja Kolacek: Das Haus ist offen für alle. Mann muss auch sehen, was überhaupt machbar ist. Wir können keine Gagen bezahlen, die Gruppen werden an den Einnahmen beteiligt. Man muss auch sehen, dass das Haus ein Profil bekommt.
Marc Leßle: Bei unserer ersten Suppenküche waren viele Leute aus der Szene da, gerade auch aus der Bonner Szene wie Bärbel Stenzenberger oder Vale Rocamora.
Ist das Profil des Kölner Tanzhauses nicht Sache der zukünftigen Intendanz?
Marc Leßle: Auf dem Workshop zur Zukunft des Kölner Tanzhauses vor zwei Jahren wurde gesagt, das Programm solle sich zu einem Drittel aus der Kölner Szene, zu einem Drittel aus Koproduktionen und zu einem Drittel aus internationalen Gastspielen zusammensetzen. Daran kann man sich schon mal orientieren. Das Land wird nur mitfinanzieren, wenn das Haus eine überregionale Ausstrahlung hat. Außerdem sollen diese neuneinhalb Wochen ein politisches und künstlerisches Statement sein und eine Lobby für das Tanzhaus herstellen. Jeder Politiker muss sich danach überlegen, ob er das dann wieder abschaffen will.
Anja Kolacek: Schon jetzt rufen Choreographen aus anderen Städten mit eigenen Spielstätten an, mit denen man koproduzieren könnte. Es geht auch darum, Kontakte herzustellen und im Idealfall diese Leute auf die Bühne zu bekommen. Der Großteil des Programms wird natürlich im Moment von der Kölner Szene bestritten. Man muss versuchen, in der kurzen Zeit eine Art Skizze zu entwerfen, was das Kölner Tanzhaus im Unterschied zu PACT Zollverein in Essen und zum tanzhaus nrw in Düsseldorf sein könnte.
Wie sieht die Finanzierung aus? Es ist die Rede von 80.000 Euro aus den für das Tanzhaus im Haushalt eingestellten Mitteln?
Anja Kolacek: Wir verhandeln im Moment mit dem Kulturamt der Stadt Köln über die Höhe des Betriebskostenzuschusses, der es uns erlauben würde, aus den Hallen überhaupt eine Versammlungsstätte zu machen, einen Leporello und eine Website einzurichten, Technik dazuzumieten oder für technisches sowie Einlasspersonal zu sorgen. Außerdem sind wir in Gesprächen mit dem Land über weitere Finanzmittel für die Interimsnutzung. Das ist allerdings noch nicht geklärt, so dass auch die Aufführungsbedingungen noch nicht klar sind.
Wann endet die Interimszeit?
Anja Kolacek: Wir werden die Hallen zunächst bis Ende Juli bespielen. Es kann auch sein, dass die Interimszeit verlängert wird.
Marc Leßle: Derzeit ermitteln Planer und Architekten die Kosten für den Umbau. Die Aufstellung geht dann als Beschlussvorlage in den Kulturausschuss. Danach muss der Rat entscheiden, ob das Geld dafür da ist. Angesichts der Haushaltslage ist derzeit allerdings noch nicht klar, ob und wann die Hallen überhaupt umgebaut werden.
8.5., „Alles was tanzt“, 19.30 Uhr
9.5., Kinder- und Jugendtanzgipfel, 11 Uhr
15.-16.5., „Solonely“ – Wochenende des Solos
19.-23.5. „Zeitzeugen“ des Tanzes
23.5. „Tanzmarathon“
27.-29.5. „Jung, na und!“ – Wettbewerb junger Choreographen
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