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„Rafael Sanchez erzählt“
Foto: Meyer Originals

Stilecht dreckig

29. Mai 2012

„Rafael Sanchez erzählt“ im FWT - Theater am Rhein 06/12

Drei Schurken in Staubmänteln schreiten über knarrende Dielen. Einer verjagt eine Fliege, der andere knackt mit den Knöcheln, und dem dritten plätschern Wassertropfen in die Hutkrempe. Ein Zug fährt ein, aus dem Waggon fliegt ein Paket, die drei wollen gehen. Da ertönt die schaurige Mundharmonikamelodie.

Die ikonische Eingangsszene von Sergio Leones Kultwestern „Spiel mir das Lied vom Tod“ eröffnet auch den Abend im Freien Werkstatt Theater – nachgespielt, inklusive live erzeugter Geräusche. Als der Rächer die Mordbuben erledigt hat, folgt ein harter Schnitt in die spanische Provinz des Sommers 1980. Da sieht der fünfjährige Rafael Sanchez zum ersten Mal den Italoklassiker, den sein filmverrückter Großvater an jedem ersten und dritten Sonntag des Monats im Dorfkino zeigt. Bis er zehn wird, ist Rafael bei jeder Vorstellung dabei und beschreibt danach seinem Schwarm Juanita die besten Momente. Dann muss der Junge mit den Großeltern in die Schweiz ziehen.

Es ist die autobiografisch gefärbte Kindheits- und Migrationsgeschichte des Züricher Intendanten Rafael Sanchez, die sich hier parallel zu den wichtigsten Handlungsstationen des Films entwickelt. Auch ohne den echten Sanchez, der mit dem Stück jahrelang solo tourte, funktioniert die meistens komische, zeitweise melancholische Mischung aus erlebten und gesehenen Erinnerungen. Regisseur Michael Mertins (der am Landestheater Neuss Kaurismäkis „I Hired a Contract Killer“ von der Leinwand auf die Bühne holte) montiert geschmeidig die Realitäts- und Zeitebenen gegeneinander. Die Figuren, die Lisa Bihl, Linda-Moran Braun, Anna Hilgedieck, Robert Oschatz und Makke Schneider im fliegenden Rollenwechsel mit Witz und Coolness spielen, verschmelzen, wenn Juanita zu Jill wird und Rafael zum Mundharmonikamann.

Einzig die Langsamkeit der filmischen Vorlage wirkt an manchen Stellen bremsend. Wunderbar dagegen, mit welchen einfachen, aber effektiven Mitteln das Foyer des Theaters zur Kulisse umgestaltet wurde und wie detailgenau und stilecht dreckig die Kostüme wirken. So gelingt eine sommerlich-launige Genre-Hommage, bei der sich vor allem Freunde der Vorlage prächtig amüsieren können.

„Rafael Sanchez erzählt: Spiel mir das Lied vom Tod“ | R: Michael Mertins| Freies Werkstatt Theater | 8.-9./27.-28.6. 20 Uhr, 5.-7.7., 12.-14.7., 19.-21.7., 26.-28.7. je 20.30 Uhr | www.fwt-koeln.de

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