Nach dem Ende des 2. Weltkriegs teilten die Siegermächte Deutschland in vier Besatzungszonen auf. 1947 schlossen sich die britische und die US-amerikanische Zone zu einer Bizone zusammen, ein Jahr später kam auch die französische Zone hinzu. Viele Jahre lang waren in Westdeutschland alliierte Soldaten stationiert – darunter auch Schwarze Soldaten. Deren Kindern, also Schwarzen „Besatzungskindern“, hat die Historikerin Azziza B. Malanda ein Buch gewidmet, aus dem sie am 26. März im Friedensbildungswerk liest.
Der Band „ÜberLebenswege“ befasst sich mit der Frage, welche Erfahrungen Schwarze Deutsche nach dem Ende des Nationalsozialismus in westdeutschen Heimen machten. Somit soll der Band eine Leerstelle der deutschen Erinnerungskultur füllen und verdrängte Lebensgeschichten rekonstruieren. Die Forschungsgrundlage bilden sechs biografische Interviews, die von 2011 bis 2014 mit Zeitzeug:innen durchgeführt wurden, allesamt nichteheliche Kinder Schwarzer US-amerikanischer Besatzungssoldaten und weißer Frauen. Sie alle standen seit ihrer Geburt unter Amtsvormundschaft und wuchsen in verschiedenen Fürsorgeeinrichtungen auf – teilweise als das einzige Schwarze Kind im Heim. Dort waren sie vielfach Diskriminierung ausgesetzt. Die Stigmatisierung geht auf die deutsche Kolonialherrschaft zurück: Hier wurde für Kinder von Schwarzen und weißen Menschen das Wort „Mischling“ verwendet – ein Begriff aus der pseudowissenschaftlichen Rassenforschung, der auch nach Ende des Kolonialismus weiter Bestand hatte.
Die (Über-)Lebensgeschichten, die Malanda in ihrem Buch beleuchtet, stehen für eine vergessene Generation: Laut Statistischem Bundesamt wurden zwischen 1945 und 1955 in Westdeutschland (und West-Berlin) ca. 68.000 Kinder deutscher Frauen und alliierter Soldaten geboren. Sie erbten die Staatsbürgerschaft der Mutter, Vaterschaftsanerkennungen lagen oftmals nicht vor. 4.800 dieser erfassten Besatzungskinder waren Schwarz. In den 1950er und 1960er Jahren entwickelten Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Kirche Konzepte, die den Umgang mit Schwarzen Kindern regeln sollten. Sowohl der Ausschluss aus der Gesellschaft durch Auslandsadoption und die Unterbringung in speziellen Heimen als auch Programme zur Toleranz standen im Raum. „Doch obwohl rassistische Diskriminierung und ein daraus resultierender sozialer Ausschluss als real existierende Bedrohungen für Schwarze Deutsche benannt wurden, waren es in erster Linie die Kinder, die pathologisiert wurden und nicht die Gesellschaft, in der sie lebten“, stellt Malanda fest.
Azziza B. Malanda: ÜberLebenswege | Mi 26.3. 19 Uhr | Friedensbildungswerk Köln | friedensbildungswerk.de
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