Muss man Günter Peter Straschek kennen? Wird man kaum, es sei denn, man ist mit der Geschichte der Emigration der Filmschaffenden aus Nazideutschland vertraut. Strascheks fünfstündige WDR-Produktion mit 50 Fernsehinterviews (1973-75) steht nun im Mittelpunkt der Ausstellung im Museum Ludwig. Sie umfasst das gesamte filmische Werk von Straschek (1942-2009), aber es besteht nur aus wenigen Kurzfilmen als Student, der Mitwirkung bei kollektiven studentischen Projekten und Beiträgen zum Film von Jean-Marie Straub und Danièle Huillet. Wichtig ist sein „Handbuch wider das Kino“ (1975), dessen Titel schon Strascheks Programm offenbart und bei dessen Recherche er auf die Filmemigration gestoßen ist. Das Werk von Günter Peter Straschek gewinnt seine Bedeutung aus seinem Engagement und seinem Blickwinkel. In seinen frühen Filmen wendet er sich dem Feminismus zu. Wie später bei der Serie zur Filmemigration widmet er sich den Opfern und verwendet dazu eine rigorose Bildsprache. Die Protagonistin ist in engen Ausschnitten gefilmt und kommt in langen Sequenzen selbst zu Wort. „Hurra für Frau E.“ schildert deren Schicksal: Von den Männern ihrer Kinder verlassen, kann sie den Lebensunterhalt nur durch Prostitution verdienen. „Ein Western für den SDS“ handelt von der stufenweisen Emanzipation der Frau. „Zum Begriff des ‚kritischen Kommunismus‘ bei Antonio Labriola (1843-1904)“ spielt auf die Lage der Frauen nach den Studentenunruhen 1968 an. Strascheks Filme sind halbdokumentarisch, dabei akribisch geplant, er versteht sein Medium als Handwerkszeug zur politischen Aktivität. Aus der technischen Not heraus findet er stilistische Lösungen, etwa den Verzicht auf Ton oder die Asymmetrie von Bild und Sprache.
Günter Peter Straschek gehörte zum ersten Jahrgang der Deutschen Film- und Fernsehakademie (DFFB) in Berlin – und er war der erste, der in Zeiten der Studentenunruhen von dieser Hochschule flog. Er bleibt sich in seiner Haltung treu und verweigert nach Abschluss seiner Serie jede weitere Regiearbeit. Er wendet sich nun der Filmemigration selbst zu, zu der er, unterstützt mit Fördergeldern, ein umfassendes Archiv anfertigt, das sich heute im Exilarchiv in Frankfurt/M. befindet.
Dass aus dieser Vita aber eine Ausstellung wird, ist besonders Eran Schaerf zu verdanken. Selbst hoch renommierter, Documenta-erprobter Künstler hat er ein Display für die Präsentationen der Filme entwickelt, bei dem jedes Detail durchdacht ist. So kommt das Licht eben nicht nur vom Film selbst, sondern auch von den Schaukästen, die die Storyboards und Texte von Straschek enthalten, und die Projektionsflächen sind auf Fluchtlinien hin ausgerichtet. Und gerade in dieser Sorgfalt hat Schaerf auf diskrete Weise eine eigene installative Skulptur geschaffen: Schon dafür lohnt der Besuch.
Günter Peter Straschek – Emigration - Film - Politik | bis 1.7. | Museum Ludwig Köln | 0221 22 12 61 65
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