Der erste Eindruck täuscht. Die Stop-Motion-Filme von Nathalie Djurberg & Hans Berg, die als älterer Teil ihrer Ausstellung im Kinosaal des Kölnischen Kunstvereins zu sehen sind, schildern vermeintlich fröhliche Szenen mit Figuren aus Knetmasse. Die Menschen und Tiere sind in unruhiger Bewegtheit, laufen hintereinander her, verknäueln sich und kommen kaum zum Innehalten. In ihrer Differenziertheit, mit den großen Augen und den bunten Farben erinnern sie an Animationsfilme für Kinder. Der Eindruck des Verspielten wird noch unterstützt durch die präzise gesetzte, mitunter verführerische Musik. Assoziationen zu Märchen oder zur Kulturgeschichte stellen sich ein, mit Zitaten aus der Kunstgeschichte. Und dann kippt die Wahrnehmung unumkehrbar um: Vor unseren Augen kristallisiert sich ein Reigen aus Gewalt und Sexualität heraus, in dem Machtausübung und Verletzung in gesellschaftliche und menschliche Beziehungen eingebunden sind. Wir erleben existentielle Dramen in demonstrativer Theatralik, die mit den verstörenden Mitteln kollektiver Schönheit und Vertrautheit umgesetzt sind.
Es sei ihm ein Herzensanliegen gewesen, sagt Moritz Wesseler, der Direktor des Kölnischen Kunstvereins, dass das schwedische Künstlerpaar hier ausstellt. Geboren 1978 in Schweden und mittlerweile in Berlin lebend, gehören die beiden zu den wichtigsten multimedial arbeitenden Künstlern der jüngeren Generation, wobei sie vor allem mit ihren Trickfilmen bekannt wurden. Die Drei-Kanal-Videoinstallation „The Experiment“ wurde 2009 mit einem Löwen auf der Biennale Venedig ausgezeichnet: noch ganz unter der Autorschaft von Nathalie Djurberg, aber mit dem elektronisch erzeugten Sound von Hans Berg, mit dem sie seit einem Jahrzehnt zusammenarbeitet. Die Musik sei im Laufe der Jahre immer wichtiger geworden, sagt Nathalie, mittlerweile komme es sogar vor, dass diese den Ausgangspunkt für ihre filmischen Projekte bilde.
Die kongeniale Zusammenarbeit kennzeichnet nun auch den neuen Animationsfilm „The Black Pot“, der – erstmals in Deutschland gezeigt – auf der gesamten Länge des Ausstellungsraumes präsentiert wird, mit Sound, der gleichberechtigt wahrzunehmen ist. „The Black Pot“ unterscheidet sich von den früheren Filmen durch seine völlige Abstraktheit, durch den Verzicht auf eine Handlung und darin, dass wir vom Betrachter zum Akteur werden, indem wir in der Dunkelheit das Cinemascope-Format abschreiten, nähertreten und Abstand nehmen. Zu sehen ist ein ständiges neonfarbenes Fließen von oben und nach unten zwischen Auflösung und Verwandlung, einmal als lineares Gespinst, dann als hell leuchtende flächige Tropfen, die zerplatzen, auseinander stieben und in anderen Sequenzen wie ein Sternenhimmel wirken. Unterstützt wird dies durch dreizehn über den Raum verteilte Objekte aus Schaumstoff und Silikon, die – als (bequeme) Sitzgelegenheiten zu gebrauchen – wie Planeten auf ihrer Bahn oder Felsbrocken in einer Höhle anmuten. Jeweils für sich angestrahlt, handelt es sich um monumentale Donuts mit Zuckerguss sowie Spiegeleier, die an die Skulpturen der Pop Art erinnern, zugleich aber, schon in ihrer Farbgebung, einen Teil dessen erklären, was wir im Film sehen. Als meditatives Kontinuum im dunklen Raum erweist sich die Inszenierung aus Film, Klang und Objekten als Metapher für den Prozess des Entstehens und Vergehens von Leben. Und darin zeigt sich, dass die so verschiedenen Filme inhaltlich doch zusammengehören. Auch die Donuts und die Spiegeleier lassen sich auf Kindheitserlebnisse zurückführen, gesteigert noch durch den farbig glänzenden Überzug. Humor, sagt Nathalie Djurberg, schaffe die Basis für Kommunikation und dafür, die Dinge auf den Kopf zu stellen. Mit Worten aber sind die unglaublich schönen filmischen Bilder in „The Black Pot“ kaum zu vermitteln – unbedingt ansehen.
„Nathalie Djurberg & Hans Berg - Maybe This Is a Dream“ | bis 1.6. | Kölnischer Kunstverein | 0221 21 70 21
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