Die Kölner Kultur ist akut bedroht. Da stimmt es bedenklich, dass gerade der Kulturausschuss einen Aderlass erlebt: Bürgermeister Müller (CDU) ging wegen eines umstrittenen Beratervertrages, Georg Bögner (SPD) fiel seiner Eitelkeit zum Opfer und musste den Einkauf seines Doktortitels eingestehen, Anfang August erklärte als Reaktion auf ein Parteispenden-Urteil – schließlich der Ausschussvorsitzende Lothar Theodor Lemper (CDU) seinen Rücktritt. Sind diese Rücktritte im Sinne der politischen Kultur unausweichlich, so schwächen sie doch die Lobby der Kultur im Rat. Als letzte der „zehn kleinen Negerlein“ verbleiben die Grüne Bürgermeisterin Angela Spitzig und der FDP-Vertreter Ulrich Wackerhagen auch zukünftig im Gremium. Die SPD hat die erfahrene Landespolitikerin Anke Brunn als Nachfolgerin für Bögner benannt.
Zentrale Aufgabe für den zukünftigen Ausschuss wird neben dem Neubau des Stadtarchivs und der Sanierung von Schauspiel und Oper die Verteidigung des Kölner Kulturentwicklungsplan vor dem bereits gespitzten Rotstift sein. Im Gegenteil: Das unmöglich Scheinende muss möglich gemacht und zusätzliche Mittel auf kommunaler, Landes- und Bundesebene für die Kölner Kultur akquiriert werden. Seit 2006 wurde am Masterplan für die Kölner Kultur unter Beteiligung von Verwaltung und Kulturschaffenden gewerkelt, den der Rat im Mai 2009 schließlich verabschiedet hat. Es wurden ca. 60 Maßnahmen herausgearbeitet, die Köln als Kulturmetropole wieder beleben und mittelfristig an die nationale und internationale Spitze zurückführen sollen. Über die Umwandlung des Gürzenich Orchesters in ein Landesorchester und der Bühnen der Stadt in ein Staatstheater könnten zudem zusätzliche Mittel für die Kölner Kultur beschafft bzw. vorhandene Mittel zum Beispiel für die Errichtung eines Kölner Tanzhauses oder eine bedarfgerechtere Förderung der Freien Szene umgeschichtet werden: „Wir müssen die breite Basis stärken und gleichzeitig die Spitzenkultur ausbauen“, erklärte damals der Kölner Kulturdezernent Georg Quander, der jedoch im kulturpolitischen Sommerloch durch Abwanderungsgerüchte von sich reden machte und der Kultur damit ebenfalls einen Bärendienst erwies.
Die Umsetzung der nötigen Maßnahmen hängt von der einstmals beschlossenen Steigerung des Kulturetats bis zum Jahr 2010 auf jährlich 200 Millionen Euro (200 €/Jahr je Bürger)ab. Köln läge damit ab 2010 deutschlandweit im oberen Mittelfeld. Die Politik wird – gerade in Zeiten der Krise – nicht umhin kommen, die Bedeutung der Kultur für die Stadt grundsätzlich zu definieren: Entweder man erkennt ihre zentrale Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des Gemeinwesens und die Attraktivität des Standortes an oder man opfert diese aktuellen Finanzproblemen und populistischen Anfeindungen, indem man beispielsweise soziale Belange und Kultur gegeneinander ausspielt. Einen Mittelweg gibt es nicht, vielen Institutionen gerade der Freien Szene steht das Wasser bereits jetzt bis zum Hals, das Stagnieren oder Kürzungen der Mittel werden einige nicht überleben...
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