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TV- und Tortenschlachten sind geschlagen: Hugo Egon Balder
Foto: RTL Radio / Wolfgang Weimer

Hommage an Hugo

07. September 2011

Hugo Egon Balder wird im Theater am Dom wieder zum großen Komödianten – Theater am Rhein 09/11

Jaja, „Erna kommt“. Mitte der achtziger Jahre landete Hugo Egon Balder mit diesem Song, der im Osten von Wolfgang Lippert interpretiert wurde, einen Ohrwurm. Gleichzeitig stand der gebürtige Berliner gemeinsam mit einem gewissen Harald Schmidt auf der Bühne des Düsseldorfer Kom(m)ödchens, um dort, nach den strengen Vorgaben von Kay und Lore Lorentz, politische Satire zu machen. Balders schlagfertige Kodderschnauze blieb nicht lange unbemerkt. Während Schmidt sich mit dem Song "Halogen" über Herman van Veen und das Feuilleton lustig machte, ging der weniger egomanische Balder lieber offen auf seine Mitmenschen zu. Der ebenfalls in Düsseldorf beheimatete Radiosender RTL zerrte den schlaksigen Mann mit der schwarzen Wuschelmähne für launige, tägliche Quiz- und Mittagsshows vors Mikrofon. Ähnlich wie Kollege Jochen Pützenbacher, der während seiner Radiostunden ganze Zigarettenschachteln wegqualmte, durfte auch Balder dem Affen Zucker geben – und eine ganz eigene Art der Radiounterhaltung etablieren, die meilenweit entfernt war vom drögen Relevanzfirlefanz der heutigen Selbstfahrershows mit ihren endlosen Eigenlob-Jingles. Bei RTL hieß es zwischendurch zwar gerne mal „From all the radio stations of all the world… RTL ist the best“, doch darüber wurde vor allem eins: herzlich gelacht. Im RTL-Café im Hafen moderierte Balder vor Livepublikum, meist eine Handvoll Damen mit Altbierglas vor der Nase, seine „Casino-Parade“, und bekam dann vom neu gestarteten Fernsehableger RTL Plus ein festes Engagement, das die Lockerheit der Radiopräsentation tatsächlich eins zu eins ins Fernsehen transportierte. Mit der wuchtigen Hella von Sinnen aus Walter Bockmayers „Filmdosen“-Theater griff Balder in „Alles Nichts Oder?!“ die öffentlich-rechtliche Samstagabendunterhaltung an – mit einer kaum vorstellbaren Kaltschnäuzigkeit, die Bühnenerfahrung bedingte. Auf einer riesigen Erdbeertorte vor knapp fünfzig Leuten feierten die Dicke und der Dürre mit ausgesuchten Prominenten, bizarren Tanzeinlagen und null Distanz zur Kamera einen ausgelassenen Kindergeburtstag, der mit dem Werfen künstlicher Torten in Richtung der Moderatoren endete. RTL-Chef Helmut Thoma sah mit Genugtuung, dass ein Großteil des ARD- und ZDF-Publikums um kurz vor zehn auf RTL umschaltete, um dort besagte Nonsens-Show zu erleben, die, gemeinsam mit Karl Dalls biergeschwängerter Talkshow „Dall-As“ Katharsis und Neuerfindung der Fernsehunterhaltung in einem war.

Comedy-Veteran
Balders Stehgreifqualitäten führten ihn schließlich zu der in Mailand produzierten Quizshow „Tutti Frutti“, die die im Radio erprobten Fragespielchen mit ein paar nackten Brüsten und Stripteaseeinlagen mehr oder weniger gut aussehender Kandidaten mixte. Der harmlose Ulk wurde zum Politikum und Balder zog sich danach erstmal von der Mattscheibe zurück. Als Produzent von „RTL Samstag Nacht“ brachte er dann Mitte der neunziger Jahre eines der erfolgreichsten Comedy-Formate auf die Bildschirme, das in seinen besten Momenten tatsächlich die Qualität des US-Vorbilds erreichte. Völlig uneitel überließ Balder einer Garde junger, talentierter Komödianten die Bühne und entpuppte sich als verlässlicher Humor-Handwerker und Format-Entwickler. Mit „Genial daneben“ etablierte er 2003 auf Sat.1 eine der letzten wirklich originellen Quizrunden im deutschen Fernsehen und kehrte für die Retrohitparade „Hit-Giganten“ und einige Eventshows im alten RTL-Geist als Moderator zurück. Dazwischen machte er immer mal wieder Musik, feilte an neuen Formaten und schrieb seine Memoiren, die auch die bewegende Lebensgeschichte seiner jüdischen Mutter erzählten. Ungesendet blieb vor allem die RTL-Scheidungsshow „Splitterabend“, über deren Pilotaufzeichnungen immer noch die wildesten Gerüchte kursieren. 2008 erhielt er die Ehrenstatuette des Deutschen Comedypreises. Vielleicht ein wichtiges Signal für alle, die wissen, dass Unterhaltung das Wort Haltung beinhaltet, und diese manchmal erst dort beginnt, wo das Selbstdarstellerische zu Gunsten einer guten Moderation und einer Portion jugendlichen Esprits, den Balder zweifellos immer hatte, zurückgestellt wird.

"Theater ist schöner"
Seit 1. September steht Balder nun im Theater am Dom wieder auf der Boulevardbühne. Anders als in den neunziger Jahren, als er in der Düsseldorfer Komödie in „Die kleine Hütte“ spielte, ist er in „Sei lieb zu meiner Frau“ der Star des Abends. Autor und Regisseur René Heinersdorff, der neben Balder, Dorkas Kiefer und Maike Bollow auch als Darsteller dabei ist, erzählt in der ausgelassenen Dreieckskomödie im Geiste Feydeaus von fordernden Frauen und hyperaktiven Männern – und dass ein bisschen Wagemut und Schlagfertigkeit niemals schaden können. Das vitale Stück ist vor allem eine rührende Hommage an Balder, der sich nie sonderlich in den Vordergrund spielte, trotzdem immer eine Antwort und einen Spruch parat hatte – und somit das Leben in der Überflussgesellschaft besser spiegelte als viele der vermeintlichen Wichtigtuer und Weltenlenker. „Das Leben ist zu wichtig, um es ernst zu nehmen“ sagte Oscar Wilde dazu.

"Sei lieb zu meiner Frau" läuft bis 13.11. im Theater am Dom. Karten an der Theaterkasse in den Opernpassagen oder telefonisch unter (0221) 25 80 153, tägl. von 10 bis 20 Uhr.

Rüdiger Schmidt-Sodingen

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