Wie reagiert eine attraktive Frau mittleren Alters, gut situiert und vermeintlich in festen ehelichen Händen, auf das Auftauchen von Peter – sehr verführerisch: Sascha Wussow –, ihres früheren heißen Lovers aus Studienzeiten in ihrem schicken Haus? Der ihr auch noch versichert, in all der Zeit nur an sie gedacht zu haben und sie unbedingt zurückgewinnen möchte, obwohl er sie vor 20 Jahren auf schnöde Weise per Notizzettel abserviert hatte. Nun, Mary, herrlich köstlich gespielt von Anja Kruse, weist ihn im Hinblick auf ihr glückliches Leben und ihre stabile Ehe heftig von sich, kann aber seinem auch körperlichem Werben nicht widerstehen; man fläzt sich knutschend auf dem Sofa rum – bis Marys etwas schwerhöriger Ehemann Paul – wunderbar trottelig: Ralph Schicha – vom geliebten Golfspiel zurückkommt. Aber, oh Wunder, der scheint den Eindringling weder zu sehen noch zu hören.
So kommt es in einer amüsanten Dreierdiskussion zur Offenbarung der häuslichen Familiensituation, in der Peter immer wieder souffliert, was sie ihrem Mann antworten soll. Denn sie vermisst die Kinder, streitet sich mit ihm um den Kaffeekonsum, ob koffeinfrei, Kapseln, mit oder ohne Milch, um die Taktzahl und Intensität erotischer Begegnungen, um den Alltagstrott, und wünscht sich den früheren Zauber ihrer Beziehung zurück. Das Übliche halt. Ist Peter ein Geist, eine Fiktion? Oder etwa ein Wunschtraum?
Als Paul zum Golfplatz gerufen wird, geht Mary mit Peter tatsächlich in die Kiste, beichtet das ihrem Ehemann auch. Der natürlich völlig verwirrt ist ob des unsichtbaren Nebenbuhlers; er versucht ihn mit unbeholfenen Schlägen mit einem Golfeisen zu vertreiben, mit Fußspray zu vergraulen, auch ein Feuerlöscher muss her, den Mary allerdings wegen der Möbel stramm ablehnt. Allerdings zeigt sich an vielen Details, wie die scharfe Gemüsepfanne beim Lieblingsthailänder, die vergangene Realität deutlich. Und auch die Kippe im Bett: „Er rauchte immer danach.“ Auch gesteht Mary dem Paul ihren Sexstreit, den er angeblich gar nicht mitbekommen hat, und dass sie den seltenen Begegnungen mit ihm immer an Gerhard Schröder denken musste. Er darauf: „Warum hast du denn nichts gesagt? Ich habe ja gar nichts gemerkt.“ Und: „Wenigstens nicht an Helmut Kohl gedacht.“
Aber alles hilft nichts – bis nach der Pause. Dann wird alles ganz anders. Denn Paul probiert es mit der jungen Schauspielerin Tori – sehr apart: Aylin Werner –, die er im Sessel coram publico lautstark verführt, um sich zu revanchieren und seine Frau wieder in die Realität zurück zu bewegen. Und das Phantom Peter hat sich in einen sichtbaren und realen Nachbarn gewandelt, der von Mary gar nichts mehr wissen will. Und auch Tory ist zunächst nur ein Gespenst. Aber alles ist halt nur Fantasie und Einbildung rund um die eigenen Wünsche.
Das Stück vom Erfolgsautor Sam Bobrick ist schon sehr konstruiert, der Plot zwar eine hübsche Idee, er könnte aber noch etwas mehr Lachfaktoren brauchen, wie die gesehene Aufführung vom 4. September zeigte. Allerdings nur mäßig besetzt mit überwiegend dauergewellten älteren Damen im Publikum; da kommt selten Stimmung auf, was keinesfalls an den exzellenten Akteuren auf der Bühne lag. Sicherlich wird es dem Regisseur und Theaterprofi René Heinersdorff gelingen, in das Stück, das hier zum ersten Male in Deutschland zur Aufführung kam, noch etwas mehr Boulevard-Geist, Pep und Lachfaktoren einzubauen, wie man es im Theater am Dom gewohnt ist.
„Kennst du mich noch?“ | R: René Heinersdorff | bis 3.11. | Theater am Dom | 0221 258 01 53
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