Die Sprachübungen sind zu Ende, der Novize ist entlassen. Er baut sich ein Haus, verkriecht sich in seine neue Höhle, die ihm die gerade erlernte Sprache bietet. Doch auf der Leinwand hinter ihm erscheint ein großes Auge, das sich schnell verdreifacht. Die Überwachung ist allgegenwärtig.
„Kaspar fromabroad“ nennt Nikos Konstantakis seine Performance (Co-Regie: Andrea Bleikamp), die auf Peter Handkes berühmtem Stück „Kaspar“ basiert. Was hier die Zurichtung des „wilden“ Helden durch das Erlernen der Sprache ist, transformiert sich nun zu den sprachlich-kulturellen Aneignungs- bzw. Zwangsprozessen eines Migranten. Konstantakis erwacht mit dem berühmten ersten Satz „Ich will ein solcher werden wie ein anderer gewesen ist“. Die darin bereits formulierte Identitätsspaltung wiederholt sich in seinem zweifarbigen Overall (blau-grau) sowie den Quadern eines Turms in gleichen Farbtönen. Während er dessen Elemente zu neuen Formen zusammensetzt, quälen ihn drei Münder auf einer Leinwand mit Versatzstücken der deutschen Sprache. Das Sprachtraining verwandelt sich von der gesellschaftlichen Zurichtung zur Demütigung und Erniedrigung.
Wie weit das reicht, zeigen Konstantakis’ eingestreute Berichte seiner Erlebnisse am deutschen Stadttheater: Vom quälenden Sprachtraining bis zum Rollenentzug. Da wirkt es wie eine kleine Rache, wenn der Regisseur später mehrdeutig eine „Griechische Tragödie“ ankündigt, aber in Glitzerjackett zu Hammondorgelsound tänzelnd deutsche Sprichwörter herunterleiert. Eine gelungene Performance über deutsches Sprachphilistertum, dem derzeit niemand entgeht.
Kaspar from abroad | R: Nikos Konstantakis & Andrea Bleikamp | 9. - 13.11. 20 Uhr, 14.11. 18 Uhr | TanzFaktur Köln | 0221 22 20 05 83
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