Er war ein Paukenschlag und ein schwerer Rückfall in alte Zeiten zugleich: Die Rede ist vom Stadtwerke-Skandal. Beinahe wurde im April, vorbei an Oberbürgermeisterin Henriette Reeker und dem Kölner Stadtrat, die Geschäftsführung der Stadtwerke neu geregelt – zugunsten von Martin Börschel, damals Fraktionschef der Rats-SPD und Abgeordneter im NRW-Landtag. Der Aufsichtsrat der Stadtwerke Köln schlug ihn als hauptamtlichen Geschäftsführer vor, eine Funktion, die es bislang nicht gab und die laut Medienberichten mit 300 000 bis 500 000 Euro pro Jahr vergütet werden sollte. Börschel sollte ohne vorherige öffentliche Ausschreibung gewählt werden. Erst als OB Henriette Reker (parteilos) intervenierte, wurde öffentliche Kritik laut – und der Deal kurzer Hand abgeblasen. Eine Wahl fand nicht statt. Da einflussreiche Stadtrats-Politiker wie der CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau und Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank das Vorhaben förderten, gilt der Stadtwerke-Skandal bei Kritikern als Paradebeispiel für den sogenannten Kölner Klüngel. Ein Grund nachzuhaken, was seither passiert ist.
Börschel hat den Fraktionsvorsitz im Kölner Rat abgegeben; im Stadtrat und im Landtag sitzt er jedoch noch immer. Frank führt heute nicht mehr die Geschäfte der Grünen Ratsfraktion; Ratsmitglied ist er weiterhin. Der Landtagsabgeordnete Petelkau ist weiterhin Partei- und Fraktionschef der CDU – als wäre nichts gewesen. Einer, der das nicht verstehen kann, ist Frank Deja, der neben Dorothee Schneider als parteipolitisch unabhängiger Kölner Bürger hinter der Initiative „Köln kann auch anders“ steckt. Seit dem Einsturz des Stadtarchivs, der für beide das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen gebracht hat, nehmen sie Politik und kommunale Betriebe kritisch in den Blick.
Nachgefragt, wie Deja den Stadtwerke-Skandal in der Rückschau betrachtet, ringt er mit der Fassung: „Wir sehen darin einen schlimmen Rückfall in überwunden geglaubte Zeiten, als hochdotierte Stellen in kommunalen Unternehmen als Versorgungsposten für Parteipolitiker betrachtet wurden, die nach Proporz vergeben werden.“ Wer in solche Posten käme, müsse die dazu notwendigen Qualifikation mitbringen. Deja nimmt kein Blatt vor den Mund: „Es ist nicht zu glauben, dass Martin Börschel immer noch im Rat sitzt und sogar nach wie vor den Aufsichtsratsvorsitz bei der Sparkasse KölnBonn innehat und Bernd Petelkau nach wie vor als Fraktionschef der CDU amtiert. Besonders empörend finden wir die Auswirkung der Affäre auf die politische Kultur ganz allgemein. Das ist Wasser auf die Mühlen der Feinde der Demokratie. Das ist ein Schlag ins Gesicht der vielen Partei- und Ratsmitglieder, die ehrenamtlich arbeiten, um etwas für die Gesellschaft zu bewirken.“
Immerhin: Eine, die sich vorbildlich hervorgetan hat, ist Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Mit Blick auf die Stadtwerke-Affäre hat sie sich korrekt verhalten, indem sie die Machenschaften gestoppt hat. Dennoch: Ohne eine eigene Hausmacht im Rathaus, der Verwaltung, den kommunalen Betrieben wirkt Reker mitunter wie eine „lame duck“, eine lahme Ente, jemand der innenpolitisch handlungsunfähig ist. Die längst überfällige Verwaltungs-Strukturreform hat sie zwar angestoßen, doch die Mühlen der Verwaltung mahlen – wie so oft – langsam.
Rückblick: Nachgehakt – „Köln-Pass“ auch für nicht-Kölner
Beschlossene Sache heißt noch nicht umgesetzt – so auch, wenn es um eine mögliche Kooperation mit den Nachbarkommunen geht, um Bedürftigen in allen Städten entsprechende Vergünstigungen anzubieten. In Köln gibt es dafür den „Köln-Pass“, in anderen Städten ähnliche Modelle. Ob eine derartige Kooperation möglich ist, wird noch von der Verwaltung eruiert. Die Grüne Stadträtin Prof. Dr. Birgitt Killersreiter hatte dies angeregt. Der „Ausschuss für Anregungen und Beschwerden der Stadt Köln“ wird von der Verwaltung über den weiteren Fortgang informiert. Killersreiter hat bereits deutlich gemacht, dass sie bei diesem Thema nicht lockerlassen und über die Antwort aus der Verwaltung öffentlich berichten will. Weitere Informationen dazu gibt es dann unter: www.gruene-koeln.de
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