Freitag: Das bedeutete einst Wochenende und Party, Freunde treffen, shoppen gehen. Und, kurz vor der Krise, stand der Freitag auch noch für etwas ganz anderes – nicht für Konsum und Nach-mir-die-Sintflut-Ekstase. Am Freitag traf sich die Jugend der Generation Z auf der Straße, um für ihren Planeten zu protestieren. Um eine Eindämmung des menschengemachten Klimawandels, der Klimakatastrophe, einzufordern. Schon bald schwänzten nicht mehr nur die Kinder für die Proteste die Schule: Es folgten unter anderem Großmütter, Wissenschaftler, Eltern und Studenten „For Future“.
Und nun? Der Lockdown sorgt zum Glück für weniger Flugreisen, weniger Autofahrten, möglicherweise auch weniger Käufe von Unsinnigem (obwohl die Paketboten wohl anderes vermuten). Doch man weiß und ahnt: Sobald unser Leben wieder in gewohnteren Bahnen verlaufen wird, werden wir uns den verpassten Konsum zurückholen. Und zwar doppelt und dreifach. Und, wenn wir nicht aufpassen, unserer Umwelt Hals über Kopf den Garaus machen. Daher sind die „For Future“-Bewegungen auch von zuhause aus aktiv.
Seit ungefähr einem Jahr ist Natalie Horn bei den Students For Future (SFF) engagiert. Die Lehramtsstudentin kennt also nur die Arbeit in der Krise. Letzten Sommer ging es mit einer großen Kohorte auf dem Fahrrad nach Berlin. „Wir hatten große Bedenken, dass wir eine Etappe nicht packen“, erzählt Natalie. „Aber wir sind überall pünktlich angekommen.“
Kundgebungen, sobald es wieder möglich ist
Am Schluss der Tour stand eine größere Kundgebung vorm Brandenburger Tor. Die Aktion soll in diesem Jahr wiederholt werden, sobald es auflagentechnisch möglich ist – diesmal soll weitere Aufmerksamkeit für das Vorhaben generiert werden. Denn auch in diesem Jahr gilt: Es ist Wahljahr. Grund genug, noch mehr Menschen für Klimagerechtigkeit und Mobilitätswende zu begeistern.
„Im Moment sind wir noch gespaltener Meinung, ob Kundgebungen sinnvoll sind“, gibt Natalie von SFF zu bedenken. „Wir wollen uns ja auch an die Maßnahmen halten, und noch sind Demos verboten. Einige Aktivist:innen fahren jedoch immer noch zu besetzten Dörfern, die vom Abriss bedroht sind.“
Vierzehn Dörfer wurden schon für den Tagebau Garzweiler II geräumt: „Das hat für uns nichts mit Kohleausstieg zu tun, wenn man weiter Dörfer abreißt“, so die 21-Jährige.
Weiterhin sind die Students auch in Verhandlungen für den öffentlichen Personennahverkehr. Gerade im Umfeld der Universität solle dieser weiter ausgebaut werden. „Mit einer Busspur auf der Universitätsstraße, besseren Verbindungen zwischen Ehrenfeld, Lindenthal und Uni und einer Bike-Lane für die Fahrradfahrenden könnte es hier weniger Emissionen geben“, berichtet Natalie von den Forderungen. „Dazu arbeiten wir mit dem Verkehrsclub Deutschland zusammen.“
Pariser Klimaabkommen einhalten
„No More Empty Promises!“ – für den 19. März ist erneut ein globaler Großstreik in Planung. „Da werden wir natürlich auch auf die Straße gehen“, kommentiert die Studentin Natalie. „In Köln organisieren wir dezentrale, kleinere Aktionen, bei denen nicht tausende Menschen zusammenkommen. Unser Ziel ist es, an vielen Stellen in der Stadt Aufmerksamkeit zu erregen.“
Eines der wichtigsten Themen, die SFF in diesem Jahr umtreibt, sind die Ziele des Pariser Klimaabkommens: „Die kommende ist die letzte Legislaturperiode, in der noch etwas geschafft werden kann“, sprich: für einen Temperaturanstieg von 0,3 bis 1,5 Grad zu kämpfen. Dieser vergleichsweise geringe Anstieg wäre notwendig, um die drohende Katastrophe aufzuhalten. Doch noch geschieht alles viel zu langsam.
Netzstreik und Videokonferenzen
Trotz Corona treffen sich die Students jede Woche im Discord-Plenum. Für die größeren Aktionen sind sie auch mit allen FF-Zusammenschlüssen sowie mit für Klimagerechtigkeit kämpfenden Bewegungen in engem Kontakt. „Wir wollen da helfen, wo wir können“, so Natalie. Im Students For Future-Plenum in Köln sind derzeit 30 bis 50 Mitglieder aktiv.
„Im neuen Semester hat man wieder mehr Zeit und Energie, und dann kommen auch immer neue Menschen dazu“, erzählt die 21-Jährige. „Jeder fragt: Was kann ich denn machen? Derzeit müssen wir mit Social Media arbeiten; freitags organisieren wir den ‚Netzstreik‘ von Zuhause aus.“ (#netzstreikfuersklima) Natalie berichtet von Demoschildern aus Wohnzimmern: „Die kamen gut an. Es ist im Moment unser einziger Weg etwas zu erreichen.“
Verantwortung Einzelner und der Politik
Müll ist ebenfalls immer wieder ein großes Thema, das durch Corona noch einmal schwieriger geworden ist. „Medizinische Masken sind nun mal viel sicherer“, weiß Natalie. „Doch die falsche Entsorgung macht uns Sorgen. Überall im Park sieht man sie im Gebüsch. Hier müssen wir auch an die Eigenverantwortung Einzelner appellieren.“ Masken gehören übrigens auch keinesfalls in die Gelbe Tonne, sondern in den Restmüll.
Was besonders wichtig sei, ergänzt die Mathe- und Englisch-Studentin: „Wir müssen unsere Schlüsse aus dieser Pandemie ziehen. Corona hat gezeigt, was alles möglich ist, und wie schnell die Bundesregierung drastische Maßnahmen ergreifen kann.“ Warum also nicht auch für das Klima? „Warum werden klimaschädliche Unternehmen ohne jegliche Einschränkungen unterstützt? Auch der Abriss der Dörfer, der Heimat vieler Menschen, muss nicht sein.“
Klimagerechtigkeit mit neuer Regierung?
Natalie und ihre Mitaktivisten werden regelrecht wütend, wie wenig die Politiker für das Klima einstehen wollen. Nur, weil wir die Auswirkungen noch nicht allzu stark spürten. „Das Problem ist, dass die Wirtschaft so fixiert darauf ist, dass alles immer so weitergeht wie bisher“, macht Natalie ihrem Ärger Luft. „Doch auch uns wird dieses Klima treffen! Wir müssen eine klimagerechte Zukunft sichern und einsehen, dass es so nicht weitergehen kann – wir wollen nicht in einer Sackgasse landen.“
Hoffnungen erzeugt nun diese mögliche Lösung: „Dann müssen eben andere an die Macht.“ Wir können gespannt sein, wer das sein mag. Bei den SFF jedenfalls wird ohne Hierarchien zusammengearbeitet, es gibt nur sogenannte Verantwortungsposten, die jedes Semester demokratisch neu gewählt werden. Ein Awareness-Team sorgt dafür, dass alle sich wohlfühlen und keine Streitigkeiten schwelen. So etwas könnte auch im Bundestag nützlich werden.
No More Empty Promises! – Globaler Klimastreik | Fr 19.3. 12 Uhr | Köln: Heumarkt, Neumarkt u.a. | fridaysforfuture.de/allefuer1komma5
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