Freitag, 20. September: Da das Afrika-Film-Festival „Jenseits von Europa“ nur alle zwei Jahre stattfindet, organisiert das FilmInitiativ Köln dazwischen immer auch thematische und länderspezifische Sonderreihen, wie im September 2013 das „Africa Film Special“. An elf Tagen widmete man sich dabei neuen afrikanischen Filmen, die zu einem Großteil unter den gesellschaftspolitischen Umwälzungen angesichts der Revolutionen in Nordafrika entstanden. Aber auch Südafrika betreffend gab es bei den zahlreichen Veranstaltungen im Filmforum Einiges zu entdecken. Bei vielen Vorführungen waren auch Gäste zugegen, mit denen das Publikum im Anschluss an die Projektionen diskutieren konnte. „Afrikaaps“ heißt ein 2010 in Südafrika entstandener Film von Dylan Valley, der sich mit einem ungewöhnlichen Theaterstück gleichen Titels beschäftigt. Die in Johannesburg geborene Catherine Henegan hatte dieses ebenfalls 2010 in Kapstadt auf die Bühne gebracht und war nun anlässlich der Projektion in Köln zu Gast, um über die Entstehung des Projekts und die filmischen Dreharbeiten zu berichten.
Bevor Henegan „Afrikaaps“ in Angriff nahm, hatte sie zehn Jahre in Amsterdam gelebt. Bei ihrer Rückkehr nach Südafrika erschien ihr das Land als überaus interessanter Ort, weil dessen turbulente Historie ständig neu analysiert und rekapituliert wurde. Henegan fand besonders spannend, dass viele der Einwohner Kapstadts Afrikaans bzw. dessen lokalen Dialekt „Afrikaaps“ sprachen, obwohl die Sprache von vielen als diejenige der Unterdrücker und der Apartheid abgestempelt war. Bei ihren Recherchen machte Henegan die Entdeckung, das Afrikaans keineswegs eine weiße Sprache ist, sondern zu Beginn des 20. Jahrhunderts eher eine Sprache der Farbigen und der armen Teile der Bevölkerung war. Dylan Valley machte Catherine Henegan mit einer ganzen Reihe südafrikanischer Rapper und Musiker bekannt, mit denen zusammen die Regisseurin ein Theaterprojekt entwickelte, bei dem die Ursprünge der Sprache aufgezeigt werden sollten, um den Südafrikanern eine Bestätigung zu liefern, dass sie ihre Sprache mit Stolz und ohne schlechtes Gewissen benutzen können. Valley hielt die Vorbereitungen, Proben und Aufführungen des Stücks „Afrikaaps“ in seinem gleichnamigen Film fest, der auf internationaler Ebene auf einigen Festivals zur Aufführung gelangte und nun auch in Köln zu sehen war. Catherine Henegan rekapitulierte im Filmforum: „Sowohl das Bühnenstück als auch der Film dazu waren auf mehreren verschiedenen Ebenen erfolgreich. Viele hörten dadurch zum ersten Mal davon, dass Afrikaans eigentlich eine kreolische Sprache der Sklaven ist.“
Theaterstück und Film trugen dazu bei, dass sich die Südafrikaner einem neuen Aspekt ihrer eigenen Geschichte wieder bewusst wurden, was Henegan als „eindrucksvolle Erfahrung“ bezeichnete. Die Bewegung, „Afrikaaps“ ohne Gewissensbisse zu sprechen, hat ihren Ursprung in Kapstadt, breitet sich aber zusehends im gesamten Land aus, woran auch das Musikprojekt einen nicht unerheblichen Anteil haben dürfte. Catherine Henegan ist auch über die Filmversion sehr glücklich, weil man ihrer Meinung nach darin sehr viel mehr zeigen konnte als im Theaterstück allein. Das Publikum im Filmforum wollte wissen, ob Henegan nun drei Jahre danach noch in Kontakt mit den Protagonisten stünde und ob es Pläne für eine weitere Zusammenarbeit gäbe. Mit leuchtenden Augen bejahte die Regisseurin dies und erklärte, dass es ganz konkrete Absichten für eine Fortsetzung gäbe, die in der ersten Hälfte 2014 realisiert werden sollen und dann vielleicht auch auf Tournee nach Europa gelangen könnten.
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