Natürlich war es in erster Linie ein Treffen für und mit den Fans einer gleichermaßen ungewöhnlichen wie erfolgreichen US-amerikanischen Fernsehserie. Aber angesichts der vielschichtigen Aspekte, die bei „Queer as Folk“ in den fünf Staffeln von 2000 bis 2005 angesprochen wurden, entwickelte sich auch die mit „Rise’n Shine“ betitelte Fan-Convention zur Serie in der Domstadt zu einem von allen Beteiligten beherzt vorgebrachten Statement gegen Homophobie und Mobbing aufgrund von sexueller Identität. Das wurde schon auf der am 8. Juni im Badehaus Babylon abgehaltenen Pressekonferenz deutlich, die der Schauspieler und Entertainer Ralph Morgenstern moderierte. Er betonte, dass es auch im Jahr 2012 noch ein politisches Statement sei, offen zu seinem Schwul- oder Lesbisch-Sein zu stehen. Die ebenfalls anwesende Elfi Scho-Antwerpes, Bürgermeisterin der Stadt Köln, die als Schirmherrin für die Convention gewonnen werden konnte, unterstrich in ihrer Ansprache, dass eine solche Veranstaltung ein wichtiges Signal für die Stadt setze: „Köln ist für Queers und Transgender ein Ort der Liebe.“
Dass man dennoch nicht aus den Augen verlieren darf, dass auch in einer toleranten Stadt wie Köln nach wie vor Homophobie und Mobbing ein nicht zu unterschätzendes Thema darstellen, machte Elke Kriebel, die Organisatorin von „Rise’n Shine“, deutlich. Die Tatsache, dass solche Probleme auch schon vor rund zehn Jahren in „Queer as Folk“ thematisiert wurden, bestärkte Kriebel darin, sie auch im Rahmen des Fantreffens wieder auf die Agenda zu setzen. Samstags gab es deswegen im Veranstaltungssaal des Maritim-Hotels am Rhein eine Podiumsdiskussion zum Thema, an der mit Michelle Clunie, Robert Gant und Peter Paige auch drei der Serienstars teilnahmen, die sich schon seit vielen Jahren aktiv für Gleichbehandlung und gegen Homophobie engagieren. An der Diskussion nahm des Weiteren der Frau-zu-Mann-Transsexuelle James teil, der als Barbara aufgewachsen war, und nach seinem Coming Out als Transgender auch innerhalb der schwul-lesbischen Community mit Vorurteilen zu kämpfen hatte. Diesem Problem begegnet auch Şefika Gümüş vom Kölner Beratungszentrum Rubicon immer wieder. Für sie ist der Kampf um Vielfalt essentiell, denn wenn eine Gesellschaft das Ausleben von Vielfalt nicht unterstützt, dann „haben wir alle ein Problem“. Schauspielerin Michelle Clunie, die in „Queer as Folk“ die lesbische Hauptfigur Melanie Marcus darstellt, wird häufig gefragt, warum sie sich als heterosexuelle Frau so lautstark für die Rechte der Homosexuellen einsetze. Ihre gleichermaßen lapidare wie bemerkenswerte Antwort darauf lautete: „Wer nicht für Gleichberechtigung ist, ist für Ungleichheiten – wer nicht für Liebe ist, ist für Hass.“
Alle neun aus den USA und Kanada angereisten „Queer as Folk“-Darsteller fanden sich während des Wochenendes am 9. und 10. Juni in unterschiedlichen Konstellationen zu „Frage und Antwort“-Stunden auf der Bühne des Hotel-Forums ein. Dabei wurden von Seiten der Fans auch immer wieder ernste Töne angestimmt. Im Dialog mit Peter Paige („Emmett Honeycutt“ in der Serie) und seinem Serienpartner Scott Lowell („Ted Schmidt“) wurde beispielsweise die Drogenabhängigkeit Teds diskutiert. Lowell merkte dazu an, dass die Serienautoren mit dieser Problemstellung damals ihrer Zeit weit voraus waren. Paige ergänzte, dass die Modedroge „Crystal Meth“, um die es seinerzeit ging, mittlerweile längst eine seuchenartige Bedrohung geworden sei. Robert Gant und Hal Sparks sprachen auf der Bühne über die Darstellung der HIV-positiven Figur „Ben Bruckner“, die entgegen der sonst üblichen Klischees nicht als Sterbender angelegt war, sondern neue Aspekte einer sich verändernden Krankheit im Serienalltag verankerte.
Trotz dieser zahlreichen seriösen Diskussionsthemen stellten die durchweg blendend aufgelegten Schauspieler sicher, dass auch der Spaß während der Convention nie zu kurz kam. Egal, ob während der Autogramm- und Fotostunden im Hotel oder während der verschiedenen Programmpunkte in den Clubs und Bars und auf den Straßen der Domstadt – immer wieder konnte man beobachten, wie publikumsnah und sympathisch die neun Gäste sind. Angesichts des großen Erfolges und der durchweg positiven Reaktionen kann man sich nur wünschen, dass die „Rise’n Shine“ irgendwann in eine zweite Runde gehen wird.
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