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Barbara Kratz in allen Rollen
Foto: © MEYER ORIGINALS

Alte Königin und betrunkener Autor

03. November 2011

Barbara Kratz als Orlando im FWT – Theater am Rhein 11/11

Was haben eine 122-jährige Hausangestellte, ein besoffener Schriftsteller und Elizabeth I. gemeinsam? Sie alle werden von Barbara Kratz gespielt. Über 350 Jahre hinweg spannt sich der Bogen der Porträtgalerie, den sie in ihrer neuen Produktion entwirft. Ihre Spezialität sind One-Woman-Shows, die sie mit viel Lust an Verkleidung und Verwandlung in Produktionen wie „Mozart auf der Reise nach Prag“ oder der „frommen Helene“ als Leistungsshow des Theaterspiels präsentiert. Jetzt feierte sie mit der von Diana Anders geschriebenen Bearbeitung des Virginia Woolf Romans „Orlando“ in Köln im Freien Werkstatt Theater Premiere.

Orlando ist eine Gestalt, in der sich die Epochen spiegeln. Der englische Adlige bezaubert vor 350 Jahren Königin Elisabeth, er spaziert durch das London Shakespeares und strandet später in Konstantinopel. Aus dem hübschen jungen Mann wir eine Frau, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Bloomsbury Kreis mit ihrem Charme in Bann schlägt. „Orlando“ jongliert mit den Möglichkeiten der Literatur und gilt als der zugänglichste und populärste Roman von Virginia Woolf. Die Gestalt selbst taucht nie auf, nur Zeitzeugen berichten von ihr. Die erste gute Idee des Gespanns Kratz und Anders besteht in der Konstruktion einer Erzählerin, die fast wie eine Moderatorin durch den Roman führt. Das verleiht der Inszenierung Glaubwürdigkeit und beschert ihr eine leichte Note. Einen Anflug von Genialität verrät das Bühnenbild. Es besteht aus einem metallenen Paravant, der die Giebel eines Landhauses, ein paar beleuchtete Zimmerfenster oder eine Eiche im Wind andeutet. Ein Requisit, das eine wunderbare Atmosphäre schafft und sich als praktischer Gegenstand entpuppt, hinter dessen Wänden sich Barbara Ratz geschwind umziehen kann.

Mit ihrer Stimme bietet sie diesmal ein eher kleines Spektrum an Verwandlungen. Schwerer wiegt, dass sich die Monologe der einzelnen Figuren recht schnell erschöpfen. Der Text trägt stellenweise nicht. Deshalb verliert die Inszenierung gegen Ende auch an Drive, zumal der Text abgesehen von der Skizzierung der Typen nicht recht vermitteln kann, worin die Einzigartigkeit dieses Romans besteht. Gleichwohl bleibt Barbara Kratz' Freude an der Bühnenaktion in Erinnerung, die auf jeden neuen Charakter neugierig macht und die Lust am guten, alten Schauspiel schürt.

„Orlando“, Bühnenfassung von Diana Anders nach dem Roman von Virginia Woolf | R: Diana Anders | 2.-5.11. jeweils 20 Uhr | Freies Werkstatt Theater, Zugweg 10, Köln | www.fwtkoeln.de

Thomas Linden

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