Aus Johann Schumandls Buchhandlung am Chlodwigplatz wurde im März 2018 eine Filiale der Mayerschen, als er in den Ruhestand wechselte. Somit besteht an der Adresse seit über 40 Jahren Kontinuität, weiterhin finden sich vor allem viele Stammkunden aus dem lesefreudigen Viertel ein. Das Sortiment mit den Schwerpunkten Roman, Kinder- und Reisebuch wurde unter der stimmungsvollen Leitung von Frau König um Spiele erweitert. Heute stöbern umso mehr Kinder in dem Laden, der sich bereits der Leseförderung verschrieben hatte. Ein Buch aus dem Herbstprogramm kann sie auch schon empfehlen: Yasmina Rezas Erzählung „Anne-Marie die Schönheit“ (Hanser, 80 S., 16 €), die am 21. Oktober erscheint. „Im Grunde reichen diese 80 Seiten, weil die so klug sind“, findet die Buchhändlerin.
„Reza ist eine fantastische französische Schriftstellerin, die auch mit ihren Theaterstücken wie ‚Der Gott des Gemetzels‘ sehr bekannt geworden ist“, so König. „Der sehr kurze und prägnante Roman handelt von einer alten Dame, die auf ihr Leben zurückblickt, gern eine große, berühmte Schauspielerin geworden wäre, auch begabt war, aber nicht schön genug, um die großen Rollen zu kriegen, einen langweiligen Mann geheiratet hat und so eine bisschen darüber sinniert, dass ihre beste Freundin, die sehr schön war, ein vermeintlich aufregenderes Leben geführt hat. Und das macht Yasmina Reza bissig, ironisch, witzig und sehr lebensklug.“ Das Buch, in dessen Psychologie sich wohl jeder leicht hineinfühlen könne, sei ein bisschen so gestaltet, „als würde jemand ein Interview mit ihr führen – es wird bestimmt auch wieder als Theaterstück bearbeitet“.
Weiter südlich, in der Goltsteinstraße, die durch ganz Bayenthal führt, finden die Anwohner alles, was sie brauchen, zum Glück auch eine nach der Straße benannte Buchhandlung mit Büchern aus recht vielen Bereichen, darunter Sach- und Kinderbücher und ein schönes Sortiment an Comic-Bänden, wie man es diesseits von Comicläden in Köln nicht noch einmal findet. Geschäftsführer Jens Bartsch ist Comic-Fan und kümmert sich persönlich darum.
Geschäftsführerin Katrin Bartsch, deren Idee es gewesen war, die Buchhandlung 1999 zu gründen, empfiehlt uns den norwegischen Roman von „Max, Mischa und die Tet-Offensive“ (Rowohlt, 1248 S., 34 €) von Johan Harstad (*1979), der von einer Kindheit und Jugend in Norwegen und den Umzug der Familie nach Amerika handelt – und von der Liebe zwischen dem Teenager Max und der sieben Jahre älteren Künstlerin Mischa. Bartsch habe schon viele Kunden überzeugen können, sich vom Umfang des Buches nicht abschrecken zu lassen, das sich durch „kleine Begebenheiten und Zwischentöne“ auszeichne. „Er schreibt sehr, sehr empathisch, mitreißend und vielschichtig. Es geht um Freundschaft, Heimatlosigkeit, Künstlertum und um Liebe, sei es die Liebe zur Mutter oder zur Freundin. Gerade das Verhältnis zur Mutter wird sehr eindringlich beschrieben, was mir besonders gut gefallen hat.“
Von den Entscheidungen des Nobelkomitees ist ihre Buchhandlung nicht abhängig. „Herr Handke ist vielen älteren Kunden bekannt und jüngere kennen ihn wohl gar nicht mehr“, so Bartsch. „Zum Teil wird die Vergabe an ihn aber auch sehr kritisch gesehen wegen seiner Äußerungen zu Milošević und zum Kosovo-Krieg. Generell kann man sagen, dass die Nachfrage nach den Büchern von Literaturnobelpreisträgern kurz nach Vergabe früher wesentlich größer war. Nach den Büchern von Frau Olga Tokarczuk wird fast mehr nachgefragt als nach Handke.“ – Aktuelle Buchtipps der Mitarbeiter gibt es auf der Webseite (buch78.de).
Noch weiter im Süden, an der stark befahrenen Bonner Straße liegt die Buch-Stube Dreier, die sich zum Stadtteil Marienburg auf der anderen Straßenseite zählen darf. Laufkundschaft? Fehlanzeige. „Hier ist ja nichts mehr“, erklärt die Mitarbeiterin Frau Schadschneider. Tatsächlich sind die Geschäfte weg, die Deutsche Welle am Gürtel ist weggezogen, vor der Tür wurden die hohen Bäume gefällt und zunehmend ist die Straße den vorbereitenden Maßnahmen zum Bau der überfälligen Straßenbahnlinie unterworfen. Die Buchhandlung, die Gerold Dreier 2002 übernommen hat, liefert persönlich Bücher in die nähere Umgebung an ältere Menschen und lebt „fast nur“ von einer großen Stammkundschaft, die hier viel persönliche Aufmerksamkeit erfährt. Frau Schadschneider – von einer Kundin in höchsten Tönen als „ideale Buchhändlerin“ gelobt – empfiehlt Mariana Lekys 2017 erschienen Roman „Was man von hier aus sehen kann“ (DuMont, 320 S., 12 €), der nun als Taschenbuch zum zweiten Mal in die Bestellerlisten aufgestiegen ist.
„Das ist ein wunderbarer Dorfroman, der im Westerwald spielt“, so Schadschneider, „mit sehr skurrilen Figuren, auf eine unheimlich warmherzige Art erzählt. Wenn man so eine Dorfgemeinschaft hätte – da würd‘ ich gerne hinziehen! Und ich war traurig, als das Buch vorbei war, diese Figuren wieder zu verlassen. Weil die mit so viel Liebe geschildert sind und die Gemeinschaft zusammenhält, durch alle Tragödien hindurch: Es geht um Liebe, um Verlust, um Tod, es geht darum, wie finde ich meinen Weg im Leben, meinen Beruf? Die Geschichte ist eigentlich die, dass Selma, die Oma, von Okapis träumt, und immer wenn sie von Okapis träumt, stirbt jemand. Die ganze Dorfgemeinschaft ist völlig aus dem Häuschen, denn wer wird der nächste sein? Muss ich jetzt lieb zu meinem Nachbarn sein, weil ich möglicherweise als nächstes tot umfalle? Was ich zudem an der Frau Leky total schön finde, ist der lakonische, scharfzüngige Witz. Ich habe schallend gelacht.“
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