Der deutsche Kolonialismus ist im doppelten Sinn ein dunkles Kapitel: Blutrünstig und öffentlich wenig bekannt. Zu den düstersten Kapiteln gehört der Genozid an den Herero und Nama 1904 bis 1908. Wie schon bei früheren Kölner Inszenierungen folgt Regisseur Nuran David Calis einer dramaturgischen Doppelstrategie: Historische Information und Dokumentation verbinden sich mit einer Begegnung von sogenannten „Experten“ wie den Herero Israel Kaunatjike, die Nama Talita Uinuses, der Kulturanthropologe Julian Warner mit Schauspielern wie Yuri Englert, Stefko Hanushevsky und Shari Asha Crosson.
Zunächst breitet die Inszenierung die Hintergründe des Massakers auf, zitiert Dokumente wie den Vernichtungsbrief eines Militärs oder Erörterungen über Prügelmethoden. Dazu schleichen drei Mönche vor einem Porträt von Wilhelm II. durch die Szenerie, was allerdings die Rolle der Kirche überproportional betont. Man erfährt etwas über die Biografien von Kaunatjike und Uinuses, auch, dass sie sich einer Klage in New York auf Anerkennung des Genozids und Reparationen angeschlossen haben. Doch die gegenwärtige Lebensrealität der Herero und Nama bleibt unklar. Im zweiten Teil nimmt die Inszenierung die Form einer inszenierten Debatte an. Dabei hagelt es Plattitüden von beiden Seiten wie „Mama Africa rises“, die Parallelisierung deutscher Kolonialverbrechen mit denen Englands oder der Verteufelung der namibischen Regierung als Dieben. Zugleich wird die theatrale Behandlung des Themas unter identitätspolitischen Generalverdacht gestellt. Ob mit einem moralisch derart aufgeschäumten Abend der Sache der Widergutmachung gedient ist, darf man bezweifeln.
„Herero_Nama“ | R: Nuran David Calis | 6., 13., 14., 18., 30.4. 20 Uhr | Schauspiel Köln | 0221 221 284 00
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