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Regisseur Cyril Tuschi (rechts) stand Hajo Schomerus Rede und Antwort
Foto: ifs

Eine moralische Verpflichtung

04. September 2015

ifs Köln zeigte Dokumentation über Widerstand im digitalen Zeitalter – Foyer 09/15

Seit Edward Snowdens Enthüllungen über die Abhörprogramme der NSA und weiterer Geheimdienste, lässt sich nicht mehr verleugnen, dass die allumfassende Überwachung durch staatliche Organe keine Verschwörungsphantasie ist, sondern Realität. Vor Snowden gab es jedoch schon eine ganze Reihe Whistleblower, die geheime Machenschaften ihrer Regierungen oder Geheimdienste öffentlich gemacht haben. In seinem Film „Digitale Dissidenten“ porträtiert der Filmemacher Cyril Tuschi eine Reihe wichtiger Protagonisten der Whistlerblower-Szene und spürt deren Motiven nach. In der Reihe „ifs-Begegnungen“ zeigte Tuschi den Film nun im Filmforum NRW und stellte sich den Fragen von Moderator Hajo Schomerus und denen des Publikums.

Tuschis Film beginnt mit Daniel Ellsberg, der als Urvater der modernen Whistleblower gilt: 1971 machte er die sogenannten Pentagon-Papiere öffentlich, aus denen hervorging, dass die US-Öffentlichkeit gezielt über die Ziele des Vietnamkrieges getäuscht worden war. Auch heute noch gibt sich der 84-jährige kämpferisch, hält Vorträge und besucht Konferenzen. Tuschi konzentriert sich weiterhin auf Thomas Drake und William Binney, wie Snowden frühere NSA-Mitarbeiter, die die Entwicklung der Behörde nach dem 11. September 2001 hin zur totalen Überwachung nicht mittragen wollten. Dabei verfolgten sie verschiedene Strategien: Während Binney die NSA schon im Oktober 2001 unter Protest verließ, um diese fortan von außen „anzugreifen“, wie er sagt, blieb Drake, um „das System von innen zu bekämpfen“ – so war er 2005 für die Aufdeckung des Abhörprogrammes Trailblazer verantwortlich. Auch die ehemalige britische Agentin Annie Machon kommt zu Wort, die gemeinsam mit ihrem Partner David Shayler illegale Aktivitäten innerhalb des MI5 aufdeckte. Tuschis prominentester Gesprächspartner ist Wikileaks-Gründer Julian Assange, der ein wenig aus der Reihe fällt, da er nie Insider einer staatlichen Institution war.

Alle Protagonisten des Films hatten mit gravierenden Repressionen zu kämpfen – vom Verlust der Karriere bis hin zur Androhung langer Gefängnisstrafen. „Dieses Risiko geht man nur ein, wenn man das Gefühl hat, man muss es tun – nur für seine Überzeugung“, glaubt der Mitgründer des Chaos Computer Clubs, Bernd Fix. Laut Drake eint die Whistleblower das gemeinsame Ziel, „sich für die Menschenrechte und das Recht auf Information einzusetzen“. Dies sei „eine moralische Verpflichtung“.

Auch Cyril Tuschi bejaht die Frage aus dem Publikum, ob er Moralist sei – dies sei jedoch nicht immer so gewesen. „Als Kind einer 68-Familie waren mir brechtsche Moralkeulen in meiner Jugend eher suspekt, und ich war mehr an eskapistischen Stoffen und Symbolismus interessiert“, sagt er. Geändert habe sich dies durch die Arbeit an seinem Film über den damals in Gefangenschaft befindlichen russischen Oligarchen Chodorkowski. Seitdem beschäftige er sich vornehmlich mit gesellschaftlich-politischen Themen – so auch in seinem neuen Projekt „Russian Resistance“ über die russische Opposition, aus dem er dem Publikum bereits einen Auszug zeigen konnte.

Christopher Dröge

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