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Die „Kleiderei“ auf der Fair Trade Night
Foto: Rebecca Ramlow

Es geht auch anders

02. Oktober 2018

Die Fair Trade Night im Forum VHS – Spezial 10/18

Handel und Fairness schließen sich aus, so das Klischee. Wer konsumiert oder verkauft, ist ein dummer, ignoranter Kapitalist. Dass sich die beiden Dinge nicht zwanghaft ausschließen müssen, sondern es auch anders geht, zeigte die vierte Fair Trade Night unter der Schirmherrschaft von  Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Und auch, dass „fair“ mehr bedeutet als nur „öko“ und „Stricksocke“. Im Forum der VHS und dem Rautenstrauch-Joest-Museum öffneten sich vier Stunden lang die Türen für Menschen, die sich auf verschiedenen Ebenen mit nachhaltigem Handel und Umweltschutz befassen wollten. „Wir dürfen nicht immer nur an uns denken und dafür sorgen, dass es uns gut geht, sondern auch dass es anderen auf der Welt gut geht“, heißt es bei einer Ansprache in der Aula durch KölnAgenda.

Die Ideen bei der Fair Trade Night – ein Gemeinschaftsprojekt von Fair Trade Town Köln, dem ökoRausch Festival, der Volkshochschule Köln, TransFair, dem Rautenstrauch-Joest-Museum sowie KölnAgenda e.V. – waren auch in diesem Jahr wieder sehr verschieden und innovativ. Von nachhaltigen Textilien über ausleihbare Kleidung war alles dabei: geteilte Fahrräder, Ökostrom, faire Schokolade, gerechte Bananen, das internationale Hilfsorganisationsprojekt Plan.de bis hin zu fairer Kamelle für den Karneval. So regten sich etwa Christine Lieser und Christoph Allessio von Jecke Fairsuchung tierisch über die in Massen durch die Luft geschleuderten tierischen Produkte in Form von Gelatine bei den Gummibärchen im Kölner Karneval auf. Warum geht das nicht anders?, dachten sie und weitere sich und entwarfen vegane und faire Kamelle, die sie den interessierten Besuchern präsentierten. Und darum geht es auch: dass Verkäufer und Konsumenten nicht mit Unmengen herumschleudern, sondern ein wenig mit Bedacht – ohne dabei aber auf Leckeres verzichten zu müssen.

„Slow“ ist deshalb auch das Motto von Fair Trade, dazu der Ansatz: Erst einmal nachdenken, bevor man als Konsument schnell etwas kauft, ohne zu wissen, woher das Produkt stammt. Wer hat daran unter welchen Bedingungen und zu welchen Löhnen gearbeitet? Oder auch: Brauche ich überhaupt ständig etwas Neues, wie ich mir stets einzubilden glaube? Unter dem Motto: „Stil hast du, Kleider leihst du“ oder „Sharing is caring“ gab es auch einen Stand von Kölns wohl nachhaltigstem Fashion Store – der Kleiderei auf der Venloerstraße in Ehrenfeld, bei der man eben nicht blind und schnell Wegwerf-Klamotten kauft, sondern wohlüberlegt die schönsten herauspickt und jene dann gegen eine Gebühr ausleiht. So hat man ständig etwas Neues im Schrank und entsagt trotzdem dem Fast-Fashion-Konsum.

Fair Trade ist eine Überzeugung, die im Kopf beginnt. Je früher dieses Bewusstsein für eine faire und soziale Umwelt geprägt wird, desto besser. So sangen in der Aula die Schüler der Grundschule Irisweg ihr Lied „Gerechtigkeit siegt“ und schrien dem Publikum inbrünstig entgegen, dass sie faire Bananen und Schokolade essen würden. Wer behauptet, man könne die Kleinsten der Gesellschaft noch nicht in das Thema Nachhaltigkeit miteinbeziehen und sie in einer rosafarbenen, unfairen Zucker- und Fleischwelt mit Plastikverpackung on top verkitschen lassen muss, liegt falsch. Diese hier schienen jedenfalls sehr überzeugt, so dass man beinahe als Zuschauer das Gefühl bekam, man müsse unbedingt sofort eine faire Banane essen. Und so bestand auch das gesamte abendliche Catering von The Good Food ausschließlich aus geretteten Lebensmitten.

Ein Sinn für Gerechtigkeit und Umweltbewusstsein ist inzwischen auch in die Social-Media-Welt eingedrungen. Die berechtigte Frage dabei lautet, wie können Internetmedien grün sein? Damit ist jedoch nicht etwa der Laptop gemeint oder das Internet an sich, sondern darin gebloggte nachhaltige Themen: Die „Grünen BloggerInnen“, wie sie sich bezeichnen, Jan Eggers, Praktiker eines bewussten Lebensstils, mit seinem Blog über öko-faire Textilien „Jan trägt grün“, Maren Teichert mit ihren Online-Tipps rund um nachhaltigen Konsum und faires Essen, „Minza will Sommer“ sowie Carolin Schweizer mit „Caroart“ stellten sich diesbezüglich einer spannenden Diskussion. So verrieten die drei, dass sie, aus verschiedenen beruflichen Metiers stammend, aus einer Art Wut bezüglich der vielen Baustellen und Ungerechtigkeiten heraus, ihre Blogs kreierten, um endlich einmal zu sagen, was ihnen auf dem Herzen lag. Und wie wohltuend es sei, dabei online Gleichgesinnte zu treffen, mit denen sie sich seither über Umweltthemen austauschen. Jeden dritten Donnerstag im Monat treffen sie sich zu einem offenen Bloggertreffen in Köln. Wer beim fairen Bloggen mitmischen möchte, sei willkommen.

Die vierte Fair Trade Night in Köln hat gezeigt, dass es auch anders geht, wenn man nur will. Und dass es in Köln innovative Ideen zum Umdenken gibt. Nicht zuletzt ist die Domstadt ja 2017 auch zur „Hauptstadt des fairen Handels“ gekürt worden. Wehe dem, der beim nächsten Karneval in die Versuchung gerät, unfaire Bonbons auf die Erde zu schleudern. An ihnen werden sich sicherlich die singenden Gerechtigkeits-Schüler rächen und sie mit fairen beschießen.

Jecke Fairsuchung | www.jeckefairsuchung.net | Kleiderei | www.kleiderei.com | Jan trägt grün| www.jan-traegt-gruen.de | Minza will Sommer | www.minzawillsommer.de | Caroart | www.caroart.de/blog | Fair Trade Town Köln| www.fairtrade-towns.de/fairtrade-towns/stadt/koeln | ökoRausch | www.oekorausch.de | KölnAgenda | www.koelnagenda.de

Rebecca Ramlow

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