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hamlet ist tot. keine schwerkraft
Foto: Studiobühne

Geometrien der Heimatlosigkeit

27. September 2012

Das Analog Theater bringt „hamlet ist tot“ auf die Bühne – Theater am Rhein 10/12

Die großen Helden wie Hamlet sind ebenso tot wie das klassische Erzähltheater oder wie Hannes, Protagonist in „hamlet ist tot. keine schwerkraft“. Ein außerordentliches Familiendrama zwischen Inzest-, Religions-, und Gesellschaftsgeschichte, das schon nach seiner Wiener Uraufführung vor fünf Jahren eine beachtliche Karriere hinlegte, Einladung zum Mülheimer „Stücke“-Festival inbegriffen. Autor ist der österreichische Dramatiker Ewald Palmetshofer, der in seinen Texten das Elliptische zum Stilprinzip erhebt. Die Sätze winden sich in endlosen Wortstrudeln bis plötzlich daraus ein Stichwort herausschießt, das den Plot wieder vorantreibt. In diese artifizielle Sprachumlaufbahn begibt sich der Regisseur Daniel Schüßler nun zum zweiten Mal. Mit seiner Theatergruppe „Analog“ inszenierte er vor zwei Jahren „Wohnen.Unter.Glas“. Nun geht es in der Studiobühne wieder um Träume, die längst begraben sind. Wieder knüpft Palmetshofer den Schicksalsknoten um seine Figuren und zieht ihn fest zu. Alle sechs treten auf der Stelle, was auf der Bühne in Monologen betrieben wird, bis sich die Sätze selbst auskotzen. Dafür wird der ohnehin vage Plot immer wieder aufgebrochen. Eigentlich sind alle wegen Hannes’ Beerdigung gekommen. Aber was soll’s? Der Himmel ist leer. Das Naturgesetz ein lyrischer Witz. Das Nichtsein der Alltag. Daniel Schüßler hat hier eine Utopie des Scheiterns inszeniert. Seine dynamische Körper- und Bildsprache fängt die Geometrien der metaphysischen Heimatlosigkeit der Figuren und ihren Wahnwitz der Verzweiflung gekonnt ein. Er kultiviert eine Art Prototyp des zeitgenössischen Menschen. Niemand findet Sinn – weder in Beziehungen, noch in der eigenen Geschichte. Es gibt ihn einfach auch nicht, weil es keine Erdung mehr gibt. Gott ist tot, und „der Himmel eine Maschine. Wenn Dir die Maschine eine Zahl gibt – dann rechnet man mit dir.“ Und trotzdem versuchen alle sie loszuwerden, die darüber entstandene „gottverdammte Befindlichkeitsscheiße“. Wie Dani, die ihre Geschichte des tragischen Verlassenwerdens in die Theorie der Unendlichkeit verpackt. Zwecklos. Es gibt hier keinen Punkt, an dem die Schwerkraft noch funktionieren würde. Es ist irgendwie nachvollziehbar, dass der Regisseur so eine Welt nicht retten möchte.

„hamlet ist tot. keine schwerkraft“ von Ewald Palmetshofer | R: Daniel Schüßler | Studiobühne | 8.-12.1.2013, 20 Uhr | www.studiobühne.uni-koeln.de

ULRIKE WESTHOFF

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