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„Der (kommende) Aufstand nach Friedrich Schiller“
Foto: Hans Joerg Michel

Schiller und die 99%

27. Juni 2013

„Der kommende Aufstand“ – Theater am Rhein 07/13

Neun Männer in Bettlersäcken lassen sich auf überdimensionalen Eiern nieder und brüten was aus. „Wir proben den Aufstand. Dies ist eine Besetzungsprobe. Wir haben die Bühne besetzt“ skandieren sie in feiner Doppeldeutigkeit. Auch die Art ihres gemeinsamen Sprechens kann man so oder so verstehen: als klassischen Theaterchor, aber auch als „human mic“, der bei Protesten eingesetzten Technik, die Worte eines Redners mit der vereinten Kraft der Stimmen zu verstärken. Remix nennt das Performance- und Theaterkollektiv andcompany&Co. seine Arbeits- und Präsentationsweise; in „Der (kommende) Aufstand nach Friedrich Schiller“ wird so viel so clever zusammengemischt, dass einem aufs Beste der Kopf schwirrt.

Unter der Regie von Alexander Karschnia, Nicola Nord und Sascha Sulimma kommen Schauspieler des Oldenburgischen Staatstheaters mit Kollegen des freien niederländischen Theaters Frascati Amsterdam zusammen, um Schillers dramatisches Gedicht „Don Karlos“ und seine Schrift „Geschichte des Abfalls der Niederlande“ mit Inhalten der Occupy-Bewegung zu verquirlen. „Wir sind die 99 Prozent“, tönt das menschliche Mikrofon. „Keiner schrieb schärfer gegen die 1 Prozent als Schiller.“ Was überkomplex und anstrengend klingt, lässt sich auf der Bühne extrem unterhaltsam und witzig an. Man wechselt zwischen gestenreich deklamiertem Dramentext und Einbindung des Publikums, dazwischen gibt es immer wieder Musik vom Menuett über Flamenco bis zum Protestsong. Der Zusammenhang zwischen der Auflehnung der holländischen Bettler gegen die spanischen Unterdrücker vor 450 Jahren und revolutionären Bewegungen und Theaternöten heute scheint in diesem Kontext sonnenklar.

Die Schaubühne als moralische, gesellschaftspolitische und ästhetische Anstalt, die Schiller in einer berühmten Rede umriss – hier wird sie Wirklichkeit. Denn es ist nicht nur Brainfood, was andcompany&Co. samplen – es stimmt auch der Schauwert. Das Spiel im Spiel wird durch eine comicartige Pappbühne auf der Bühne visualisiert, auf der gezeichnete Kerzen flackern, Männer in mexikanischen Wrestler-Masken toben und der Marquis von Posa ein Revoluzzer-Shirt unter der Halskrause trägt.

„Der (kommende) Aufstand nach Friedrich Schiller“ von andcompany & Co. | R: Karschnia/Nord/Sulimma | Studiobühne Köln | 27.-29.6. 19.30 Uhr | www.festivalimpulse.de

JESSICA DÜSTER

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