Hinter einem Vorhang aus Kassettentape (Bühne: Franziska Harm) tobt das Partyvolk zum Diskogerummse. Immer wieder springt ein Feiernder heraus und schreit eine junge Frau an: „Kommst du jetzt bitte!“ Doch die bleibt lieber draußen und macht sich Gedanken über Nähe und Distanz, über ihren und andere Körper: „Sex wäre jetzt schön. Oder notwendig.“ Die Figuren in Falk Richters „Nothing Hurts“ – 1999 in Utrecht uraufgeführt – sind diese Jahrtausendwende-Typen, wie sie auch die Houellebecq-Romane bevölkern: narzisstisch erschöpfte Wesen, die sich aufreiben zwischen Zerstreuung, Konsum, Sex und Hedonismus. Während die Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit wie ein Damoklesschwert über allen Figuren hängt, ist ihr modus vivendi die Distanz: „Klar, du liebst mich. Aber das ist nur eine normale Liebe. So wie jeder liebt. Aber ich will was total Anderes.“ Der Ausbruch mündet in die paradoxe Liebeserklärung: „Also pack deinen Koffer und bleib hier!“ Letztendlich wird der Körper an der Bar geparkt oder auf die Tanzfläche gestellt – den Märkten der zwischenmenschlichen Möglichkeiten. Und wenn nichts geht, ist vielleicht wenigstens die Musik gut.
Der Distanziertheit der Figuren in Richters Dramoletten versucht Regisseurin Andrea Imler durch köperbetontes Spiel ihres großartig aufgelegten Ensembles (Lena Geyer, Stefko Hanushevsky, Jani Kuhnt, Henriette Nagel und Lou Strenger) beizukommen. Immer wieder liegen sie als Menschenhaufen auf dem Boden und ringen miteinander. Das ergibt eine Intensität, die nicht nur aufgrund der Enge in der Grotte nahegeht. Ein ebenfalls herrlicher Kontrapunkt zur Kälte in „Nothing Hurts“ ist die schräge Darbietung von Chris Isaaks „Wicked Game“ – mit Meerjungfrau, einem Beatboxenden Insekt in goldener Unterhose, einer Heulboje und großartig gesungen von Lou Strenger.
Dennoch, so richtig überzeugen können die 60 Minuten nicht. Das liegt am Stück und nicht an der Inszenierung oder den Schauspielern. Dieser postmoderne Tanz ums Goldene Kalb wahrer Gefühle und erfülltem Sex ist schal bis langweilig. Mit seinen 16 Jahren ist „Nothing Hurts“ womöglich einfach noch nicht alt genug, um wieder interessant sein zu können.
„Nothing Hurts“ | R: Andrea Imler | 19.2., 27.2., 1.3. 20 Uhr | Schauspiel Köln | 0221 221 284 00
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