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Stefan Hunstein, Aitutaki, 2013, C-Print
© Künstler

Fotografie über Fotografie

Drei Räume, jeder für sich. Jetzt endlich ist die Ausstellung des Fotokünstlers Stefan Hunstein (geb. 1957 in Kassel) im Kunstmuseum Bochum zu sehen. Sie zeigt drei neue Werkgruppen, die sich mit dem Wahrheitsgehalt der Fotografie und ihrem Potential der psychischen Überwältigung und damit mit der Identifikation und des Rückspiels an den Betrachter befassen. Hunstein misstraut seinem Medium und seiner Behauptung des Dokumentarischen und Authentischen. Er fühlt ihm mittels eigener und fremder Fotografien und Fotomontagen auf den Zahn und befragt die Utopien der Vergangenheit für die Gegenwart. Er arbeitet, von Werkgruppe zu Werkgruppe verschieden, mit spielerischer Irritation und mit den Effekten des Atmosphärischen. Der Betrachter wird zum Teilhaber, der in der Bewegung oder im lauten Lesen sogar die Bilder erst komplettiert. Dort wo es in Bochum am einfachsten scheint, bei den Ansichten eines Meeresspiegels, ist es vielleicht am komplexesten, weil Hunstein mit der fast konstruktiven, sachlichen Qualität von bewegten Wasserflächen arbeitet und doch die tiefste Emotionalität aufruft. Die größte Abstraktion geht hier mit der ausgearbeiteten Konkretion einher.

Wirklichkeit freilegen

Die beiden anderen Werkgruppen zeigen Hunstein als Bilder-Verzauberer, der die bildnerischen Topoi der deutschen Aufschwung-Jahre nach dem Krieg in Form lichtdurchfluteter tieferer Ebenen und die Impressionen der Märchenwelt mit  einer verwaisten literarischen Textzeile für die urbane Gegenwart abgleicht. Einfach so dran vorbeilaufen, funktioniert bei diesen drei Werkgruppen jedenfalls nicht. Schwierig mag das überdeutlich Konstruierte dieser Bilder sein. Aber ein Vergnügen ist doch die Eigenständigkeit, das Bohrende der Bildaussagen, die rigorose Behauptung der bildnerischen Setzungen und, vor Ort, die atmosphärische Verdichtung.

Jeder Raum besitzt sein eigenes Klima, geschaffen mit den subtilen Mitteln des Formats, der Abfolge, der Farbverteilung sowie dem dramaturgischen Ablauf. Von Haus aus ist Stefan Hunstein übrigens ausgebildeter Schauspieler, der viel an den Theatern in München gearbeitet hat und aktuell Ensemblemitglied am Schauspielhaus Bochum ist. Vielleicht lässt sich hier ganz allgemein darauf hinweisen, dass geglücktes Theater grundsätzlich der Welt einen Spiegel vorhält, die Realität verwandelt, mit Versatzstücken und mit dem Verhältnis von Bild und Wort arbeitet und die Wirklichkeit hinter der – scheinbaren – Wirklichkeit freilegt: Das alles kennzeichnet nun auch diese inspirierende Ausstellung.

Stefan Hunstein. Abbild und Wirklichkeit – Neue Fotoarbeiten | bis 23.5. | Kunstmuseum Bochum | nach Voranmeldung: Di-So 10-17 Uhr | 0234 910 42 30 | www.kunstmuseumbochum.de

Thomas Hirsch

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