Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
28 29 30 31 1 2 3
4 5 6 7 8 9 10

12.581 Beiträge zu
3.805 Filmen im Forum

Miriam Leuze (Mitte) mit den Walforschern Hermann und Christa Meuter im Cinenova
Foto: Lili Braun

Nicht nur ein Film über Wale

09. September 2019

Doku-Premiere „The Whale and the Raven“ im Cinenova – Foyer 09/19

Mittwoch, 4. September: Bei der Kinostart-Premiere von „The Whale and the Raven“ im vollbesetzten Cinenova zeigt die Regisseurin Miriam Leuze nicht nur einen Film über Wale, sondern widmet sich der Frage, wie weit Konzerne und wirtschaftliche Interessen über die Zukunft von Mensch, Tier und Natur entscheiden dürfen. Der Schauplatz ist Hadley Bay, ein Ort, an dem Wale und Menschen in direkter Nähe zusammen leben. Doch dann entdeckt die Öl- und Gasindustrie die idyllische Fjord-Region und plant eine Exportanlage für Flüssiggas und eine Tankerroute, mitten durch den Lebensraum der Wale.


„The Whale and the Raven“, Bild: Busse & halberschnmidt

Für ihren Film begleitet Miriam Leuze mehrere Jahre die Walbeobachter Janie Wray und Hermann Meuter bei ihrer täglichen Forschungsarbeit und spricht mit verschiedenen Beteiligten aus der Region, wie den Vertreterinnen der Gitga'at First Nation, über die Situation im Bay. Dabei geht es um die Wale, die Umwelt, um Arbeitsplätze, finanzielle Abhängigkeiten, wirtschaftliche Interessen und die Menschen und Tiere, die davon betroffen sind. Doch Leuze ist keine Freundin einfacher Antworten: Ihr sei es von Anfang an wichtig gewesen verschiedene Seiten zu zeigen, ohne dabei jemanden vorzuführen, erklärt sie später im Publikumsgespräch. Sie fragt, hört zu und lotet aus zwischen den Interessen der Beteiligten. Und immer wieder tauchen die Wale auf, die durch ihr ruhiges, meditatives Wesen eine fast ausgleichende Wirkung haben.

Das Publikum ist merklich berührt. „Es war ein wirklich ergreifender Film“, sagt, Katja R. aus Köln. „Die Naturaufnahmen, die Geräusche, der Blick auf die Walwelt und die Pläne der Konzerne, die Mischung aus beidem, es war toll!“ Auch Lennard S. ist begeistert: „Ich finde jeder sollte diesen Film sehen, da er einem zeigt wie das Leben von Tieren und Menschen von wirtschaftlichen Interessen beeinflusst wird.“


Filmgespräch im Cinenova: Christian Vizi und Marcelo Busse (Produzenten), Werner Busch (Moderation), Sandra Brandl (Editorin), Miriam Leuze (Regie)
Foto: © Michelle Magulski

Miriam Leuze, das Filmteam und die Protagonisten Hermann und Christa Meuter erzählen nach der Vorführung vom Entstehungsprozess des Films und beantworten Fragen. Für Christa Meuter sei es berührend gewesen ihre eigene Heimat, die Natur und die Wale auf der Leinwand zu sehen, sagt sie. Leuze spricht hingegen über ihre Rolle als weiße Frau, über ihre Vereinbarungen mit der Gitga'at First Nation, dem respektvollen Umgang beim Filmen gegenüber der Bevölkerung und den Tieren. Sie berichtet von ihrer eindrücklichen Begegnung mit einem Buckelwal und von der Empörung, die sie spürte, als sie von der geplanten Tankerroute hörte. Beides habe Leuze dazu bewegt, das Filmprojekt zu realisieren.

Der Kohleabbau im Tagebau Hambach unweit von Köln bleibt bei der Premiere nicht unerwähnt – es werden Vergleiche von der Situation im Hadley Bay zu einem „ähnlichen Fall hier in der Region“ gezogen. Aus dem Publikum kommt Applaus. Wahrhaftig zeige Miriam Leuze hier kein Einzelphänomen, sondern eine typische Situation, so Willfried Steffen, Walforscher von Pottwal e.V. „Es ist normal geworden, dass wenn wirtschaftliche Interessen ins Spiel kommen, für die Tiere kein Platz mehr ist. Es muss dort mehr getan werden, damit dafür endlich ein Bewusstsein kommt. Ohne das Engagement der Leute geht das nicht!“, betont er.

Die Kooperationspartner Greenpeace und die Deutsch-Kanadische-Gesellschaft haben im Foyer ihre Stände aufgebaut und kommen mit den Zuschauern ins Gespräch.

Auf der Premierenfeier bei Getränken und Algensnacks aus dem Hadley Bay, erklärt uns Leuze: „Mein Ziel mit dem Film ist es, ein Nachdenken darüber anzuregen, wie wir Menschen mit Tieren und der nicht-menschlichen Welt umgehen.“ Für sie seien die Wale dabei nur Stellvertreter für ganz viele Tierarten, die es zu schützen gilt. Dabei betont sie: „Es ist wichtig Tiere als Individuen zu verstehen, die Gefühle haben, über Intelligenz verfügen und eine eigene Persönlichkeit und Biografie besitzen.“ Filmpate von „The Whale and the Raven“ sei Meeresbiologe Karsten Brensing, Gründer der „Individual Rights Initiative“, die sich für eine dritte juristische Person in unserem Rechtssystem einsetzt. Somit wäre es Juristen nicht nur möglich Menschen und Unternehmen, sondern auch Tiere vor Gericht zu vertreten und in ihrem Interesse Rechte einzuklagen. Das finde sie gut.

Wichtig wäre aber auch, so Miriam Leuze, dass jeder Einzelne seinen Konsum überdenke und zum Beispiel auf Plastik verzichte, das die Meerestiere mit am meisten gefährde. Aber nicht allein: „Jeder Tanker erhöht den Lärmpegel und den Stress für alle Tiere im Meer“, so Leuze – und in den letzten 40 Jahren habe sich der Lärmpegel alle 10 Jahre verdoppelt. Und mit der Planung von Importterminals für Flüssiggas an der Nordseeküste werde das Thema auch in Deutschland aktuell. Eine nordamerikanische Premiere auf dem Vancouver International Film Festival kündigt sie für Oktober an.

Lili Braun

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Alter weißer Mann

Lesen Sie dazu auch:

Waffe Mensch
nö Theater in der Stadthalle Köln – Theater am Rhein 10/23

Die Kunst der Nachhaltigkeit
„100 Eichen für Köln“ – Aufforsten für die Zukunft – Kunst 06/21

Brücken besetzen
Extinction Rebellion demonstrierte in Köln – Spezial 07/19

„Viele Menschen sehen es nicht mehr ein“
Karin de Miguel Wessendorf über „Die Rote Linie – Widerstand im Hambacher Forst“ – Gespräch zum Film 05/19

Waldesruhe
Momentaufnahme im Hambacher Forst – Spezial 09/18

Zwischen Eheringen und Zigarettenstummeln
500 Kilo Müll: die Kölner Rhein-Aufräum-Kommando-Einheit (K.R.A.K.E.) im Einsatz – Spezial 09/18

Lebensfreude mit Tieren
Auch tierische Helfer haben Probleme – THEMA 06/17 TIERISCH GUT

„Die Qualität der Hundenase ist definitiv besser als alle Technik“
Hundetrainer Uwe Friedrich über Hundeerziehung und neue Fährten in der Krebsforschung – Thema 06/17 Tierisch gut

Tierische Überflieger
Hunde, Frettchen und Bienen tun Dienst am Flughafen Köln/Bonn – Thema 06/17 Tierisch gut

Der kleine, große Gott
Über Lebensdrang und das Benehmen eines dreijährigen Kindes – THEMA 06/17 Tierisch gut

Foyer.

Hier erscheint die Aufforderung!