In früheren Zeiten standen Kunst und Christentum in einem fast symbiotischen Verhältnis. Die Kunst visualisierte die Heilsbotschaften und die Kirche war wichtiger Auftraggeber der Künstler. Heute ist die Situation anders, gegenseitig kritisch, distanzierter. Und das Sakrale kehrt in der Kunst weniger im Realismus als in ungegenständlichen Formulierungen wieder: im Spirituellen und Meditativen. Dies „bedienen“ seit Mitte des 20. Jahrhunderts besonders die monochromen Malereien mit weiten Bildräumen oder die „Farbtafeln“ von Gerhard Richter im Kölner Dom. Joseph Beuys wiederum arbeitet mit sakralen Zeichen und lässt sich doch nicht vereinnahmen... Zentral ist in unseren aufgeklärten und von Bildern überfluteten Zeiten die Überlegung, wie das Nicht-Sichtbare – der Glauben – in Bilder zu fassen ist. Ein Museum, das sich dieser Thematik annimmt, ist das Kolumba, das Kunstmuseum des Erzbistums Köln. Einmal im Jahr wechselt die Hängung, wobei christliche, meist mittelalterliche Kunstwerke und liturgische Gegenstände gemeinsam mit heutiger Kunst ausgestellt sind. Die aktuelle Präsentation nun geht assoziativ dem Verbergen und dem Verborgenen nach. Symbol dafür ist der Schrein. Gleich im Erdgeschoss steht ein leerer Tresor, der nicht nur aufgebrochen, sondern mit seiner zerschlissenen „Haut“ Treibgut ist und im Althergebrachten der Verriegelung etwas Anrührendes hat – eine Arbeit von Felix Droese, die an die jüngste Bankenkrise denken lässt. Als Gegenpart befindet sich im ersten Obergeschoss Thomas Rentmeisters geschlossener Container in einem erdig braunen Ton; wenn man genau schaut, entdeckt man eine Lüftung. Die Speicherung digitaler Daten, eine abgeschottete brisante Ladung – all das schwingt hier mit. Gegenüber diesen aktuellen Chiffren wirkt die alte Kunst vielleicht fern, besitzt aber doch eine eindrucksvolle Sinnlichkeit. Die Beiträge im Kolumba demonstrieren das Verborgene auf verschiedenen Ebenen, vorgetragen als Ästhetik des Unsichtbaren.
Dazu ergänzt sich die derzeitige Wechselausstellung in der „Situation Kunst (für Max Imdahl)“ in Bochum-Weitmar. Sie widmet sich gerade der Darstellbarkeit von nur indirekt Erfassbarem: von Schmerz, und sie geht dabei aus vom drastischen Realismus in den Bilddarstellungen der Passion Christi. Im Zentrum steht das Zeigen von Wunden und Verletzung, welches die Offenlegung von Privatheit und genau das Gegenteil von Verbergen ist. Aber was frühere Generationen beeindruckt hat, wirkt das noch heute, nach den Erfahrungen zweier Weltkriege und der Verfügbarkeit schrecklichster Bilder im Internet? Im Rahmen von universitären Seminaren der Theologie und Kunstgeschichte in Bochum wurde das Thema erarbeitet und wird nun mit Kunstwerken aus mehreren Jahrhunderten vorgestellt. – Eine der Ausstellungen, die dem in der „Situation Kunst“ vor einiger Zeit vorausgegangen ist, galt den eindrucksvollen Kriegsfotografien von Anja Niedringhaus. Dazu kommt jetzt die schockierende Nachricht, dass sie am 4. April in Afghanistan erschossen wurde. Welche Tragik: Die Information, die am meisten verstört, ist nicht eine Fotografie von Niedringhaus, sondern ihr Tod selbst.
„zeigen verhüllen verbergen“ | bis 25.8. | Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln | 0221 93 32 93 32
„Deine Wunden“ | bis 31.8. | Situation Kunst (für Max Imdahl) in Bochum | 0234 298 89 01
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