Ende des Jahres gibt es Geschenke vor allem für die Kleinsten, und so wurden jüngst wieder die Kölner Theaterpreise an die Freie Szene vergeben. „An die Kleinsten?“ – Nicht ganz, denn mit dem Kurt-Hackenberg-Preis für politisches Theater an „Die Kontrakte des Kaufmanns“ (Schauspiel Köln, Regie: Nicolas Stemann) und dem Kölner Theaterpreis für „noch nicht“ (Schauspiel Köln, Regie: Hoffmann & Lindholm) räumen gleich zwei Produktionen der städtischen Bühnen die Hauptpreise ab. Ein Skandal? Nein – ein Denkanstoß!
Während der Kurt-Hackenberg-Preis laut Ausschreibung explizit Produktionen der städtischen Bühnen mit einbezieht, geht der Theaterpreis 2009 an ein Künstlerduo der freien Szene, dass in Köln zwar ansässig ist, es über die Jahre aber sehr gut verstanden hat, sich überregionale Kooperationspartner wie das Hebbel am Ufer in Berlin, Kampnagel Hamburg und jetzt eben das Schauspiel Köln zu suchen und ihre Produktionen somit mit der nötigen materiellen Basis auszustatten. Das ist eine große Leistung, die zu respektieren ist. Als Pioniere im Bereich des aktuell sehr gehypeten „dokumentarischen“ Theaters sind sie zudem preiswürdig. Dass Hofmann & Lindholm ihren Arbeitsmittelpunkt nicht unbedingt in Köln haben, die prämierte Produktion an den Bühnen der Stadt mit Laiendarstellern entstand und damit gleich mehrere Kriterien der Preisvergabe nicht erfüllen, ist geschenkt. Das Problem ist doch ein anderes: Mehr und mehr weichen die Grenzen zwischen Stadttheater und professioneller freier Szene auf, und so tragen die Preisrichter einer zu beobachtenden Entwicklung Rechnung. Sehr problematisch ist allerdings, dass die Freie Szene und besonders die freien Ensembles in Köln nicht in die Lage versetzt werden, die sich neu bietenden Möglichkeiten zu nutzen und mit Produktionen aus anderen deutschen und europäischen Metropolen zu konkurrieren. Das ist der Skandal. Als „Freie Volksbühne Köln“ einem Star-Regisseur wie Nicolas Stemann den Kurt-Hackenberg-Preis zu verleihen, ist ungefähr so, als wenn sich der Literaturzirkel Bayenthal dazu durchringt, Elfriede Jelinek einen Preis für ihr Lebenswerk zu verleihen. Kann man machen, aber der Verdacht drängt sich auf, dass eher die Preisgeber aufgewertet werden sollen als die Künstler einer Stadt.
Es ist sicher zu begrüßen, dass es mit den beiden beschriebenen Preisen (Theaterpreis 10.400 €, Kurt-Hackenberg-Preis 5.000 €), dem Tanztheaterpreis („SITE SPECIFIC“, movingtheatre.de, 5.200 €), dem Kinder- und Jugendtheaterpreis („Wo der Pfeffer wächst“, monteure, 5.200 €), dem Darstellerpreis (Bettina Muckenhaupt, 5.000 €), dem PUCK für den besten Nachwuchsdarsteller (Nagmeh Alaei, 2.500 €R) und dem Ehrentheaterpreis (Katharine Sehnert, 2.600 €) mittlerweile sieben Preise zu gewinnen gibt. Die Gefahr ist jedoch groß, dass diese Preise fehlende städtische Förderung ausgleichen sollen und somit Gefahr laufen, zu „Sozialpreisen“ zu verkommen.
Dieser Entwicklung haben die Jurys von Theaterpreis und politischem Preis 2009 eine klare Absage erteilt, und das ist gut so. Ob es jedoch – bar jeder Eitelkeit – eine Ansage an die Stadt war, ihre Freie Szene konkurrenzfähig zu machen, ist zu bezweifeln...
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