Kölns Schauspiel Intendantin hat Glück - das Glück der Tüchtigen. Und: Karin Beier hat Gespür, Gespür für das richtige Timing. Nicht nur auf der Bühne. Diesmal dreht es sich um das Timing ihres Lebensfilmes: Just da mit „Das Werk/Im Bus/Ein Sturz“ (Regie: herself) und „Der Kirschgarten“ (Regie: Karin Henkel) wieder zwei Nominierungen für das Berliner Theatertreffen publik werden, verkündet die Retterin der städtischen Bühnen und deutsche Theatermacherin des Jahres 2010 ihren Abschied aus der Domstadt Richtung Hamburg, deren Stadtväter mit dem Deutschen Schauspielhaus ab der Spielzeit 2013/14 winken.
Dass Sie sich vehement für den Erhalt des Kölner Schauspielhauses und damit eine Verlängerung der Interimszeit entschieden hat, dass ihr Vertrag mindestens ein Jahr länger laufen würde, kann die kluge Theaterfrau da nicht kümmern, zeigen doch weit weniger kluge Fußball-Jungprofis nahezu täglich, welchen Wert Verträge besitzen. Kurz: Der Abgang schmerzt, aber man soll ja gehen wenn es am... - klug eben. Hatte Beier in ihrer letzten Jelinek-Uraufführung den Kölnern ihre Sorglosmentalität als Mitgrund für den Einsturz des Stadtarchives satirischkalauernd vor Augen gehalten, so zwingt ihr Abgang nun die Kölner Politik zur Demaskierung: „Leider ist Köln finanziell nicht konkurrenzfähig mit einem Staatstheater“, so der Kölner SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Börschel. „Das ist sehr bedauerlich. Aber aufgrund der großen Erfolge in ihrer Heimatstadt war klar, dass sie eines Tages weggelockt werden würde“, so der kulturpolitische Sprecher der FDP Ulrich Wackerhagen.
Vorbei sind schon lange die Zeiten, da Köln in Konkurrenz mit Städten wie New York und Paris als internationale Kulturhauptstadt stand oder mindestens per Selbstdefinition stehen wollte. Ob Beiers Bye Bye im Gegenzug wirklich klug ist, bleibt abzuwarten, findet Sie mit dem Thalia Theater und dem Kampnagel in Hamburg doch starke Konkurrenten vor, die nahezu mit dem selben künstlerischen Personal arbeiten. Konsequent ist ihr Abschied allemal: Welche andere Stadt würde ihrem Aushängeschild als Dank für Auszeichnungen wie „Theater des Jahres“, „Inszenierung des Jahres“, „Regisseurin des Jahres“, „Theaterpreisträgerin des Faust“ etc. den Zuschuss kürzen und elementare Spielstätten wie eine kleine Experimentierbühne in Frage stellen. OK es handelte sich um Kürzungen die aus Rücklagen bestritten werden konnten, aber Zeichen zählen nun mal viel im Theater.
Karin Beier hat die Zeichen der Zeit richtig erkannt in einer Stadt, die das Mittelmaß will, ihre Spitzen beschneidet und ihre Trümpfe im Ärmel behält, wenn nicht gleich am ausgestreckten Arm verhungern lässt ... seien es nun die Museen, die städtischen Bühnen oder die von Politikern in Sonntagsreden viel gepriesenen und vom Publikum viel besuchten Freien Bühnen und Ensembles, die man bewusst mit einer Unterfinanzierung im Verhältnis von 1:5 klein hält. Kulturdezernent Georg Quander hat bei der Besetzung von Schauspiel und Oper - mit Karin Beier und Uwe Erik Laufenberg - bisher glückliche Händchen bewiesen ... es ist wieder Zeit für einen überzeugenden Personalvorschlag. Die Stücke, die jetzt gespielt werden heißen „Machs noch mal Sam“ oder „Quander, bitte übernehmen Sie“.
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