„Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda“, hallte es am 22. April solidarisch durch die Straßen der Kölner Innenstadt. Zehntausende hatten sich versammelt, um gegen den Parteitag der AfD im Maritim Hotel zu protestieren. Vor allem Anhänger der linken Szene waren vertreten. So unter anderem das antifaschistische Aktionsbündnis „Köln gegen Rechts“, die Bewegung „Köln stellt sich quer“ und Anhänger der Kampagne „Solidarität statt Hetze“. Aber auch eher unpolitische Fraktionen wie die Kölner Karnevalsgesellschaft bezogen klare Stellung: „Bunte Funken gegen braune Halunken“. Schon im Vorfeld hatte die Kölner Karnevalsgesellschaft versucht, den Parteitag der AfD in Köln zu verhindern. Dafür hatte sie dem Maritim angeboten, die gemieteten Räumlichkeiten zu übernehmen und stattdessen ein „Fest der Kulturen“ zu feiern. Das Maritim hätte so zwar keine Einnahmeausfälle fürchten müssen, doch anscheinend ließ sich der Vertrag mit der AfD so leicht nicht lösen. Jetzt muss das Hotel mit einem spürbaren Image-Schaden rechnen.
Die Polizei rechnete mit etwa 50.000 Demonstranten. Aufgrund dessen und der massiven Drohungen gegenüber Maritim-Angestellten waren somit am Samstag 4.000 Polizisten im Einsatz – zwei von ihnen wurden verletzt. Bereits im Vorfeld hatte die Polizei klargemacht, dass sie nicht davor zurückschrecken würde, hart durchzugreifen. Insbesondere die Ahndung bei Beteiligung an Sitzblockaden wurde betont. Diese sind generell nicht illegal, doch eine Partei bei der Ausführung ihres Parteitages zu behindern widerspräche, laut Kölner Polizei, dem Grundgesetz. Also dem Recht auf freie Meinungsäußerung, denn verboten ist die AfD nicht. Die geteilten Ansichten darüber, ob auch eine AfD ein Recht auf freie Meinungsäußerung hat, egal wie krude diese sein mag, wird auch der Grund dafür sein, dass die erwarte Zahl von Demonstranten im Tagesverlauf dann doch nicht erreicht wurde. Trotz der Befürchtung, es könnte auf der Demonstration zu groben Eskalationen kommen, hielten sich Sach- und Personenschäden in Grenzen. Die Polizei nahm unter anderem fünf Personen in Gewahrsam.
Ungeachtet der Demonstration verabschiedeten die Delegierten ihr Parteiprogramm. Bereits vor dem Parteitag hatte Frauke Petry zu aller Verwunderung angekündigt, nicht als Spitzenkandidatin zu kandidieren. Stattdessen versuchte sie mit ihrem sogenannten Zukunftsplan eine Realpolitik zu etablieren, die zukünftig eine Koalition mit einer anderen Partei ermöglichen soll. Mit diesem Kurs stieß sie bei den Delegierten allerdings auf Granit, über ihren Antrag wurde nicht einmal abgestimmt. Als Spitzenkandidaten wählten die Delegierten den ehemaligen CDU-Politiker Alexander Gauland und Parteimitglied Alice Weidel. Noch am vorherigen Wochenende sorgte die Unternehmensberaterin Weidel für Aufsehen, als sie sich für die Ausweisung aller Erdogan-Unterstützer aussprach. Auch auf dem Parteitag schlug Weidel extreme Töne an: „Wir werden uns als Demokraten und Patrioten trotz dessen nicht den Mund verbieten lassen. Denn die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.“
An politischer Korrektheit mangelte es der AfD am Samstag vor allem im Umgang mit den Journalisten vor Ort. Teilweise völlig willkürlich wurden diese vom Parteitag ausgesperrt. Zum Glück hatte der Deutsche Journalisten Verband (DJV) im Voraus ein „Alternatives Pressezentrum“ im Maritim eingerichtet – dort konnten von der AfD ausselektierte Journalisten frei berichten. Während die Partei selber auf ihre Meinungsfreiheit pocht, war Pressefreit auf dem Parteitag offenbar unerwünscht.
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