Ein etwas anderer Rosenmontag: Anlässlich des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar hatte das Festkomitee Kölner Karneval am Freitag entschieden, den geplanten Rosenmontagszug im Stadion ausfallen zu lassen und stattdessen zur Friedensdemonstration durch die Stadt aufgerufen. Diesem Appell folgten rund 250.000 Menschen. Wir sprachen mit 18 von ihnen über ihre Beweggründe.
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Gabi G. (53, Erzieherin): „Ich bin hier, weil Freud und Leid zusammengehören. Karneval ist für mich ein Lebensgefühl und ich kann auch feiern, wenn ich traurig bin, aber heute geht es nicht nur um Karneval, sondern um die ganze Welt. Ich finde es gut, dass der Rosenmontagszug abgesagt wurde und ich finde es noch besser, dass so viele Leute jetzt hier unterwegs sind und so friedlich hier trotzdem irgendwie Karneval feiern, obwohl es kein richtiger Karneval ist. Das beeindruckt mich.“
Pascal V. (19, Schüler): „Krieg ist scheiße, wir wollen den alle nicht und was Putin da abzieht, ist völkerrechtsverletzend. Wir haben uns daher als Freundesgruppe zusammengefunden, um dagegen zu demonstrieren.“
Mirjam S. (31, Sozialwissenschaftlern): „Mir ist es sehr wichtig, heute hier zu sein und Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung zu zeigen, die gerade wahrscheinlich das Schlimmste erlebt, was man sich nur vorstellen kann. Ich bin sehr bestürzt über die Entwicklung und hoffe, dass es kein allzu langer Krieg wird, aber es ist eine totale Ungewissheit und da keiner weiß, wie es weitergeht, finde ich es noch wichtiger, heute ein Zeichen zu setzen.“
Philipp H. (Journalist): „Ich bin hier heute vor allem wegen meinem Kind, das sich eigentlich auf Kamelle gefreut hat, aber auch mitgekriegt hat, dass es dieses Jahr etwas anderes ist. Ich will zeigen, dass man was tun kann und nicht nur hilflos vor den Nachrichten sitzt und ich glaube, dass es Bilder geben wird von heute, die in der ganzen Welt zu sehen sein werden und die zeigen werden, dass man mit dem Verhalten der russischen Regierung nicht einverstanden ist. Vielleicht bringt das dann an irgendeiner Stelle den entscheidenden Impuls.“
Wladimir N. (27, Pflegekraft): „Ich bin selber Kiewer. Ich bin in Kiew geboren. Ich bin zwar mit meinen Eltern ausgewandert, als ich erst fünf Jahre alt war, aber ich habe dort noch Familie, ich telefoniere regelmäßig mit denen und habe sie noch heute mit Skype angerufen und denen alles gezeigt, was hier gerade passiert, um ihnen einen bisschen Stärke zu senden – psychisch und mental. Europa muss langsam begreifen, dass der Krieg vielleicht nicht vor der Tür, aber in der nächsten Straße ist. Putin hat bereits öffentlich gedroht und diese Drohungen sollte man auch ernst nehmen. (…) Ich hoffe, dass diesmal nicht alles abbrennt, dass wir als Gesellschaft wachsen und Freiheit über allem steht und dass wir uns endlich konzentrieren können auf Wissenschaft, auf Forschung, auf alles andere – wir brauchen den Krieg nicht mehr! Das ist das 21. Jahrhundert, man kann das alles anders regeln.“
Norbert W. (54, Leiter eines Jugendferiendorfes) liest sein selbst gestaltet Schild vor: „Erst wenn Nationalflaggen nicht mehr wehen, Ländergrenzen sich für Jeden öffnen, Religionen aufhören zu erklären, was gut und böse ist, kommt vielleicht dauerhaft irgendwann Frieden.“
Iris S. (39, Texterin und Online-Redakteurin): „Ich möchte ein Zeichen setzen für den Frieden und gegen den Krieg, den Putin einfach so vom Zaun gebrochen hat. Ich weiß nicht, ob es ihn interessiert, dass wir hier alle auflaufen, aber ich hoffe, er kriegt das in seiner kleinen Despoten-Welt mit, dass wir das alles scheiße finden und dass wir nicht wollen, dass Menschen in der Ukraine bedroht sind.“
Gina S. (23, Redakteurin): „Ich bin hier, weil ich es einfach schrecklich finde, dass wir an den Grenzen Europas Krieg haben und ich finde es wichtig, ein Zeichen zu setzen, dass wir dagegen sind und dass wir unsere Demokratie und ein offenes Europa wahren wollen.“
Katja K. (38, Projekt- und Eventmanagerin): „Ich bin hier, weil es für mich das Einzige ist, was ich im Moment tun kann, um zu sagen: ‚Hört auf mit Krieg!‘ Ich bin hier auch mit meinem Karnevalsverein ‚Rutfront Fastelovendsbund‘, der auch für Antifaschismus und Antirassismus steht, und deswegen ist es mir ein großes Anliegen, das irgendwie zu zeigen.“
Leander M. (24, Fotograf): „Ich finde es eine schöne Geste, dass man dieses wichtige Fest der Stadt und für die Menschen jetzt als Bühne für diesen Zweck nutzt und dadurch noch ein größeres Zeichen setzen kann.“
Anja S. (43, Regisseurin für Theater mit jungem Publikum): „Ich bin heute hier natürlich auch für die jungen Menschen, aber auch für alle, weil ich glaube, dass es sehr wichtig ist für unsere Gesellschaft, die es gewohnt ist, an diesem Tag zusammen zu feiern. Kölnerinnen und Kölner können hier zeigen, dass wir nicht nur zum Feiern zusammenstehen, sondern auch, wenn es ernst wird in der Welt und ich finde es gut, dass wir trotzdem bunt und fröhlich sind, weil ich glaube, dass wir das nach dieser langen, schlimmen Corona-Zeit alle besonders brauchen, nämlich Mut und Fröhlichkeit. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass wir überall auf der Welt ein Zeichen setzen, dass die ganze Welt Frieden will, dass wir alle für Frieden sind und dass wir alle bei den Menschen in der Ukraine sind. Und ich denke auch für die vielen Ukrainerinnen und Ukrainer, die hier mit uns in Köln leben, ist es wichtig, dass wir ihnen zeigen, sie sind nicht alleine mit ihren Sorgen.“
Monika B. (56, Hausfrau): „Ich habe alles Ostermärsche mitgemacht und ich hätte nie gedacht, dass ich mal sagen würde: Wir brauchen Atomwaffen zur Abschreckung und wir brauchen eine funktionierende Armee zur Abschreckung, aber auch das ist eine friedenserhaltende Maßnahme. Wir haben uns wahrscheinlich alle zu sehr auf den vielen Jahren Frieden und Freiheit in Europa ausgeruht.“
Joachim K. (69, Rentner): „Ich komme aus Hückeswagen und gehöre zur Bürgergruppierung Wir sind mehr im Bergischen. Wir setzen uns ein für Toleranz, Dialog und Respekt – alles Dinge, die Wladimir Putin gegenüber der Ukraine hat vermissen lassen. Mir ist es ein echtes Anliegen, hier zu sein und den Ukrainern eine positive Botschaft zu bringen, dass sie standhaft bleiben in ihrem Kampf gegen Russland.“
Florian B. (34, Musiker und Tontechniker): „Ich bin hier, weil Krieg scheiße ist und Gewalt und Menschen töten sowieso.“
Nora W. (48, Lehrerin): „Ich demonstriere heute für Solidarität mit der Ukraine, weil ich Angst habe, dass die Demokratie und der Frieden durch Russland und die Aggression aus Russland jetzt sehr stark gefährdet sind.“
Katherina B. (47, Psychologin): „Ich bin heute hier, weil ich nicht möchte, dass Krieg in Europa ausbricht.“
Dagmar L. (67, Rentnerin): „Ich bin sehr traurig über diesen Krieg und möchte ganz deutlich sagen, dass Frieden und Demokratie mir ganz wichtig sind und dass es keine Selbstverständlichkeit ist, dass wir hier so leben können, wie wir leben.“
Dieter M. (68, Rentner, ehemaliger Selbstständiger im Elektronikbereich): „Ich bin heute hier, weil man so etwas, was Putin treibt, einfach nicht akzeptieren kann und weil ich denke, dass man mindestens mal ein Zeichen setzen kann, indem man hier mitgeht.“
INTERVIEWS: EVA MARIA ALBERT
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