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Die Renitenz der Kultur

30. Juni 2011

Zum fünften Mal laden die Bonner Theater zur Theaternacht - Theater am Rhein 07/11

Frau Meier hat eine kleine Amsel zwischen den Kürbisblüten entdeckt. Vorsichtig hält sie den kleinen Vogel zwischen ihren behandschuhten Händen; sie päpelt ihn auf und wird dabei irgendwann selbst flügge. Die Produktion „Frau Meier, die Amsel“ des Theater Marabu für Kinder ab fünf ist eine so bewegte wie bewegende Geschichte von den alltäglichen Sorgen und wie man sie überwindet. Das Bonner Theater Marabu war damit beim Westwind-Festival zu Gast, ist damit zum Spielartenfestival eingeladen – und wird sie jetzt gleich mehrfach bei der Bonner Theaternacht zeigen.

Die Bonner Theaternacht ist mit seinen fünf Jahren selbst noch im Vorschulalter. Doch Jahr für Jahr kommen neue Gruppen oder Spielorte hinzu, die von der Lebendigkeit der Theaterszene erzählen. In diesem Jahr sind erstmals unter anderem das theater déjà vu oder das Institut Robert SchumaN dabei. Wie in den letzten Jahren stehen Busshuttles bereit, die die Stadt von Ost nach West oder Nord nach Süd durchqueren und bei der Erkundung helfen. So kann man zum Beispiel im Euro

Theater Central das Speed-acting entdecken. Ab 20.30 Uhr spielt dort für jeweils fünf Minuten ein Schauspieler für einen einzigen Zuschauer. Beim Gongschlag wird gewechselt. Privattheater also mal wörtlich genommen. Viele Gruppen nutzen den Abend auch für Previews aus ihren neuen Produktionen, so zeigt die Truppe Bühnenmomente in der Tapetenfabrik Ausschnitte aus ihrer Krimikomödie „Das Oslo Syndrom“, in der zwei Bankräuber an der Renitenz ihrer Geiseln fast verzweifeln.

Solche Widerstandskraft wäre auch der Bonner Theater- und Kulturszene zu wünschen. Am 14. Juli tagt der Bonner Rat, um drastische Sparvorschläge für die Bonner Kultur zu verabschieden. Und dies obwohl im Frühjahr bei der Bürgerbefragung „Bonn packt’s an!“ sich die Mehrzahl der Bürger gegen Mittelstreichungen ausgesprochen hatte. Contra-Kreis-Theater, Euro Theater Central, Springmaus, Kleines Theater, Bühnen der Stadt Bonn – auf alle kommen Sparmaßnahmen zu, Schließungen dürften die Folge sein. Die Tanzszene kennt das schon, die städtische Tanzcompagnie ist längst aufgelöst. Noch gibt es allerdings Cocoon Dance, die bei der Theaternacht mit dem fringe ensemble im Theater im Ballsaal wieder ein mixed up-Programm vorstellen. Auch Karel Vanek in der Brotfabrik, der Ausschnitte aus seiner neuen Produktion „Fearytale“ über die Angst als vielfältige Antriebskraft zeigt oder Bärbel Stenzenberger, die mit „Gisela Giselle“ dabei ist. In der Oper kann man sich zum Vergleich eine ‚Original’-„Giselle“ des Bayrischen Staatsballetts ansehen. Das Schauspiel steuert in Beuel ein Bürgerbefragung-Medley mit dem Titel „Leidenschaft und Kostendeckungsgrad“ speziell für diesen Abend bei. Der Tag der Bonner Ratssitzung fällt übrigens auf den französischen Nationalfeiertag, mit dem die politische und kulturelle Selbstbestimmung des Bürgers gefeiert wird. Die Theaternacht am 9. Juli könnte zu einem entschlossenen „Allons enfants“ der Bonner Kultur werden.

„Bonner Theaternacht“ | An diversen Orten in Bonn I 9.7. | ab 19 Uhr | 0228 77 80 08 www.bonnertheaternacht.de

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

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