Diesen Sonntag war die Aktion „Arsch huh im Veedel“, ein Ableger der Initiative „Arsch huh, Zäng ussenander“ und der Kampagne „Du bes Kölle“, auf dem Rochusplatz in Köln-Bickendorf aktiv. Ziel ist es, mit den Anwohnern aus einkommensschwachen, aber immigrationsstarken, Veedeln ins Gespräch zu kommen. Dabei wird neben einer offenen Diskussion auch ein sattes Unterhaltungsprogramm geboten, denn unterstützt wird die Aktion von Kölner Künstlern, wie den Höhnern, Brings, Caroline Kebekus, Shary Reeves und vielen anderen. Es war eine zeitnahe Reaktion auf die Ergebnisse der Landtagswahl in NRW, die klar zeigten, dass die AfD gerade in vielen Außenbezirken Kölns Stimmen gewonnen hatte.
Im Gegensatz zu anderen Veranstaltungen geht es nicht darum, mit dem erhobenen Zeigefinger zu ermahnen, sondern offen die Missstände anzusprechen, die die AfD für ihre Politik der Angst und Unsicherheit instrumentalisiert.
Einer Diskussionen zur Verfügung stellten sich Vertreter der Initiative „Weltoffen im Veedel“, des Vereins „Aktion Nachbarschaft“, des Karnevalsvereins Bickendorf, des Familienzentrums Bocklemünd, der GAG und schließlich der Bezirksbürgermeister Josef Wirges. Die Moderation übernahm Schauspieler und „Arsch huh“-Mitglied Fatih Çevikkollu. Ein zentrales Thema war die Angst der Anwohner, von Flüchtlingen aus ihrem Wohnraum verdrängt zu werden. Denn bezahlbarer Wohnraum ist in Köln schon lange Mangelware, über 100.000 Menschen sind bei der Stadt als wohnungssuchend gemeldet. Den Flüchtlingen einen menschenwürdigen Lebensraum zu vermitteln, ohne dabei die Anträge auf besseren Wohnraum der Anwohner zu übergehen, ist und bleibt ein Drahtseilakt. Der Unmut auf der einen oder anderen Seite ist vorprogrammiert.
„Viele Anwohner haben Angst übervorteilt zu werden“, berichtete Frau Krebs, vom Familienzentrum Bocklemünd auch über die schwelende Angst in ihrem Bezirk. Ein gutes Mittel, um den keimenden Konflikt zu ersticken, war für sie die Aktion „Get in Touch“. In Interkulturellen Seminaren wurden sowohl die afrikanischen Flüchtlinge als auch die Anwohner über die Kultur und Probleme der anderen Partei aufgeklärt. Die Aktion sorgte für einen versöhnlicheren Umgangston, was wichtig ist, da die Wohnungsproblematik sich auf die Schnelle nicht lösen lassen wird.
Nach Ermessen von Bezirkbürgermeister Josef Wirges eine Schande: „Wohnungsrecht ist ein Grundrecht, das bedient werden muss.“ Aber leider nicht wird. Statt bezahlbarer Wohnung bauen Privatinvestoren, wie aktuell in Ehrenfeld, lieber 120m²-Lofts für 550.000 Euro. „Der soziale Wohnungsbau scheitert oft schon am Erwerb der Grundstücke“, erklärte Herr Maul, Prokurist der GAG. Denn oft gehören die unbebauten Grundstücke privaten Investoren, die den Preis so in die Höhe treiben, dass die Stadt oder kleinere Wohnungsgenossenschaften finanziell passen müssen. Einfacher wird der soziale Wohnungsbau mit CDU und FDP auch nicht, die hatten schon vor Jahren damit geliebäugelt, die GAG an ein privates Unternehmen zu verhökern. Immerhin hat die GAG vor kurzem den Rochusplatz erworben und plant dort sozialen Wohnraum zu schaffen.
Nicht nur in der Diskussionsrunde, auch im Unterhaltungsprogramm wurde es politisch. Nach dem Auftakt der Band Buntes Herz, die unter der Ziehdecke des ehemaligen „Höhner“ Schlagzeugers Janus Fröhlich entstanden ist und zur Mehrheit aus arabischen Flüchtlingen besteht, traf Kabarettist Wildfried Schmickler den politischen Nagel auf den Kopf: „Wie kann Frau Merkel sagen: ‚Deutschland wird Deutschland bleiben‘? Das ist es in den letzten sechs Jahrzenten, die ich hier lebe, nicht, und das ist auch gut so!“ Veränderungen gehörten nun mal zum Leben dazu, und wer wünschte sich schon ernsthaft die Biedermeier-Zeit zurück? Alles andere als bieder nahm die Veranstaltung mit einem Auftritt der Höhner, die den kölschen Ethos von Vielfalt besangen, ihr Ende.
Die nächste Aktion ist in Kalk (Sa 1.7., 15 Uhr, Markt) geplant. Die aktuellen Informationen werden zumeist auf dem Facebook-Kanal von „Arsch huh“ bekanntgegeben. Zum Schluss der Kampagne wird es eine große Kundgebung am Sonntag, den 27. August von 16 bis 20 Uhr zwischen Rudolfplatz und Friesenplatz geben.
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