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„Wut“
Foto: Gerhart Richter

Drinnen und draußen Wut

27. September 2012

Bühnenadaption des TV-Dramas von Züli Aladag – Theater am Rhein 10/12

„Was würden Sie denn machen? Wenn das Ihr Sohn wäre!“ bricht es einmal aus Simon hervor – in einem überraschenden Moment, in dem die vierte Wand eingerissen und das Publikum direkt adressiert wird. Abstand ist schon vorher schwer möglich, weder von der szenischen Situation noch vom Thema Gewalt. So dicht stehen die Stuhlreihen um die als Designer-Wohnzimmer ausgestattete, kleine Spielfläche herum, dass man mitunter die Füße einziehen muss, wenn die Affekte hochkochen. So stark macht die clevere Bühnenlösung mit der dominanten Glaswand vor den unbehaglichen Schluchten des Mediaparks die Zuschauer zu Leidensgenossen, dass die Gefahr spürbar wird, die von „denen da draußen“ ausgeht, die sich mit geballten Fäusten aus dem Halbdunkel nähern.

Eine Gang um Skinhead Sven drangsaliert Jojo, den schwarzen, liberal erzogenen Adoptivsohn des designierten Literaturprofessors Simon und seiner ebenso kultivierten Gattin Christa. Der Jugendliche behauptet, der Anführer sei sein Freund, scheint aber eher gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Er will nicht, dass sich die Eltern einmischen, auch als sich die Lage zuspitzt. Das Ehepaar ist ratlos, zumal mehr oder weniger latenter Zorn auch in diesem (pseudo-)toleranten Haushalt das Zusammenleben erschwert.

Für seine Bühnenfassung des gleichnamigen, 2006 heiß diskutierten WDR-Films von Züli Aladag hat Regisseur Heinz Simon Keller neben der aussagekräftigen Location auch ein tolles Ensemble gefunden. Drei der jungen Darsteller sind Laien, die selbst schon wegen Gewaltvorfällen mit dem Gesetz in Konflikt standen; sie verkörpern eindringlich die titelgebende Wut. Das furiose Spiel der Profis – von Stefan Gebelhoff und Susanne Seuffert als Eltern bis Arne Obermeyer als Aggressor – lässt den Atem anhalten. Die Ästhetik der Inszenierung vermittelt indes den Eindruck, den Dreharbeiten eines Fernsehfilms beizuwohnen, so dass einen die Künstlichkeit des intendierten Realismus wie auch die dramaturgische Überhöhung letztlich doch immer wieder auf Distanz bringen. Dass die Täter-Opfer-Rollen im Gegensatz zur Vorlage kulturell vertauscht wurden, bringt keinen Mehrwert für die Integrationsdebatte.

„Wut“ nach dem Film von Züli Aladag | R: Heinz Simon Keller | theaterblackbox im Mediapark 7 | 5./6./12./13.10 20.30 Uhr | www.theaterblackbox.de

JESSICA DÜSTER

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