Mit nur zwei langen Kästen und ein paar gepolsterten Plastikstühlen spielt sich die Gruppe „Port in Air“ durch die Schlüsselszenen gleich mehrerer Shakespeare-Dramen: „Hamlet“, „Was ihr wollt“, „König Lear“ und „Richard III.“. Die klarsten Choreografien ergeben sich, wenn Lady Anne einem Kasten wie einem Sarg folgt und Richard III. trifft, aber auch, wenn die Kisten als abstrakte geometrische Elemente den Raum der Figuren beschneiden.
Auf Stühlen sitzen die beiden heuchlerischen Töchter von King Lear und fahren mit ihren Fingern über das aufgeraute Plastik, erzeugen einen ätzenden Sound, bevor sie mitsamt Sessel nach vorn kippen und wie schwere Schlangen über die Bühne kriechen. King Lears Erlebnis in der Heide – eine Hölle aus lärmenden Stühlen. Die Schauspieler tragen Jeans und unifarbene T-Shirts, zeitweise auch Jacke oder Stiefel. Mit klaren Zeichen werden Emotionen wie Bedrängnis, Machtansprüche, Wut oder Gram gespielt. Im Chor ohne charakterisierende Requisiten arbeiten die Schauspieler dann auch den Rhythmus der englischen Sprache heraus.
Die Gruppe „Port in Air“ um den Anglistik-Dozenten Richard Aczel ist aus seinen Seminaren heraus entstanden, wo Studenten Szenen spielen und dann darüber ihre Hausarbeit schreiben. „Shakespeare on Edge“ ist eine „Work-in-Progress“- Show, in der Szenen mit professionellen Schauspielern des ARTheater-Ensembles mit „Port-in-Air“-Darstellern und Szenen aus Seminaren verbunden werden. Wiebke Kuttner als Hamlet setzt mehrfach zum berühmten „To be or not to be“ an, kämpft mit André Valente als Ophelia, der Text schwirrt zwischen beiden hin und her. Ophelias Klosterszene sehen wir zweimal, davon einmal mit vier Ophelias. Währenddessen sind Rosenkranz und Güldenstern zwei zum Verwechseln ähnliche Typen, die die Hände nicht aus den Hosentaschen kriegen. Die Sache mit den Identitäten – sie ist nicht so einfach. Regisseur Richard Aczel tippt auf den Programmzettel: Wahrscheinlich sei „Hamlet“ die nächste Shakespeare-Inszenierung der Gruppe „Port in Air“. Man darf gespannt sein.
„Shakespeare on Edge. Work in Progress.“ von Port in Air und ARTheater
R: Richard Aczel | Wiederaufnahme in Planung I 0221 550 33 44
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