Fünf Millionen Einwohner sind ein unerschöpflicher Pool für Ideen zum Klimaschutz, meinen jedenfalls die Akteure der „Klimametropole Ruhr 2022“. Unter Federführung des Regionalverbandes Ruhrgebiet will man als starker Partner die „Klima.Expo.NRW“ unterstützen, das auf zehn Jahre angelegte – und wörtlich zu verstehende – Vorzeigeprojekt der Landesregierung. Verbände, Unternehmen und Institutionen schulterten gerade die Auftaktwoche der „Klimametropole Ruhr“ mit über 200 Veranstaltungen bis zum 3. Oktober. Und wir berichten von ausgewählten Orten.
Zum Beispiel Oberhausen.
Alte Hülle, neuer Inhalt. So lässt sich treffend das Gebäude der Energieversorgung Oberhausen (evo) an der Friedrichstraße beschreiben. Unter dem Hallendach arbeitet seit 2011 das erste Biomasse-Heizkraftwerk des Ruhrgebiets und erzeugt Strom und Fernwärme. Die elektrische Energie, sagt der technische evo-Vorstand Bernd Homberg, reicht für ungefähr 6000 heimische Kundenhaushalte. Etwas mehr als die Hälfte könne auch mit CO2-neutral gewonnener Wärme bedient werden.
Nun ist – Lebensmittel-Käufer wissen das – „Bio“ ein sehr ungefährer und dehnbarer Begriff. Dasselbe gilt auch für ein Heizkraftwerk, das mit „Biomasse“ arbeitet. In die Flammen wandert im Regelfall Holz … aber nicht nur: Getreide, Stroh und Schilf sind ebenfalls denkbar. Und vor allem die sogenannten Ersatzbrennstoffe. Dazu zählen „Spuckstoffe“ aus der Altpapierverwertung, Sortierreste aus der Gelben Tonne, sogar alte Armaturenbretter oder Sitze aus Schrottautos gehen beim Gesetzgeber als „Bio“ durch. Selbst Holz ist da nicht gleich Holz – Abfälle aus der Möbelproduktion sind oft mit Klebern verunreinigt oder gleich Kunststoff-beschichtet.
Nicht so in Oberhausen, versichert evo-Vorstand Homberg und verweist auf den großen Haufen Holzhackschnitzel, der draußen vor dem Gebäude lagert: „Unser Brennstoff ist Frischholz, das aus der Landschaftspflege und Rodung in der Region stammt. Geliefert wird es von einem Fachbetrieb aus Dorsten.“ Der respektable Vorrat vor der Türe reicht allerdings bloß für zwei Tage – übers Jahr wandern hier rund 40.000 Tonnen in den Ofen. Das sind 110 Tonnen am Tag. „Wir haben das einmal ausrechnen lassen: Mit diesem Biomasse-Heizkraftwerk sparen wir jedes Jahr 20.000 Tonnen CO2 ein – und da sind selbst die Lkw-Fahrten des Holzlieferers schon mit berücksichtigt.“ Immerhin konnten durch die Kapazitätsausweitung sieben Schulen, ein Kindergarten und 2000 Haushalte neu an die Oberhausener Fernwärmeversorgung angeschlossen werden.
„Bio“ ist allerdings nicht, was hinten rauskommt. Die Holzfeuer-Asche aus dem heimischen Kaminofen kann man unbedenklich zum Kompost geben, während Oberhausens Reste teilweise in den Straßenbau gehen, teilweise deponiert werden müssen. Einige chemische Verbindungen, die explizit bei hoher Verbrennungstemperatur entstehen, möchte man dann doch lieber nicht im Gemüsebeet wiederfinden.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Giga-Liner“: In NRW nach wie vor unerwünscht
Spediteure und Hersteller wollen Diesel und Personal durch längere Lkw-Züge sparen – Innovation 10/15
„Big Data“ im Auto – wie bescheuert ist das denn?
Blackbox-Überwachung, Hacker-Übergriffe und „pilotiertes Fahren“ – unsere individuelle Mobilität kommt gefährlich unter die Räder – Innovation 09/15
Gar nicht anrüchig: Wärme aus dem „Schietwater“
Ständig herrschen 14 Grad in der Kanalisation – die kann man zum Heizen anzapfen – Innovation 08/15
Sommerhitze in Ballungsräumen
Projektbetreuer Dr. Paul Dostal (DLR) über innerstädtische Hitzebelastung, Wassermangel und mögliche Gegenmaßnahmen – Innovation 07/15
Fährt die Zukunft Dreirad?
Diskussion über Mobilität im urbanen Lebensraum – Spezial 06/15
Mit dem Elektro-Auto pendeln? Ja – aber …
E-Mobile taugen auch für längere Wege. Doch bei Kaufpreis und Ladenetz muss allmählich was passieren – Innovation 05/15
Wer andern eine Grube gräbt…
Anti-Kohle-Kette am Sa 25.4. beim Tagebau Garzweiler
Lauter Unsichtbares
Workshop „Coal Kills“ beim Kölner „Kampf ums Klima 2015“ – Spezial 04/15
Mit lila Tomaten geht die Schutz-Saat auf
Alternative Züchter trotzen den großen Konzernen und erweitern die Palette von Gemüse- und Getreidesorten – Innovation 04/15
Wohin mit dem Atommüll?
„Die Reise zum sichersten Ort der Erde“ im Odeon – Foyer 03/15
Klimaschonend fahren mit Erdgas – sogar aus Wind
Ausgereifte Fahrzeuge, dichtes Tankstellennetz: Fast unbemerkt entwickeln sich Erdgas-Autos zur Alternative – Innovation 03/15
Eine Freie Republik am Ring
…und andere Erinnerungen an den linken Aktivismus in Köln
Was erreicht worden ist
Warum Nostalgie auch in die Zukunft weist – Spezial 01/25
Einzelfälle mit Struktur
„Ausgrenzung, Entrechtung, Widerstände“ im Friedensbildungswerk – Spezial 11/24
Wurzeln des Rechtsextremismus
Online-Vortrag „Ist die extreme Rechte noch zu stoppen?“ – Spezial 09/24
Eine Historie des Rassismus
Der Kölner Rom e.V. unterstützt Sinti und Roma – Spezial 07/24
Zeitlose Seelenstifter
„Kulturretter:innen“ im NS-Dok – Spezial 06/24
Die Stimme des Volkes?
Vortrag „Was Populisten wollen“ in Köln – Spezial 06/24
Gezielt helfen
Ingrid Hilmes von der Kölner Kämpgen-Stiftung – Spezial 05/24
Zwangloses Genießen?
Vortrag „Die post-ödipale Gesellschaft“ im Raum für Alle – Spezial 04/24
Stabiler Zusammenhalt
„Der Streitfall“ in der Stadtbibliothek – Spezial 03/24
Der Traum von Demokratie
#Streitkultur mit Michel Friedman am Urania Theater – Spezial 02/24
Narrative der Armut
Christopher Smith Ochoa in der VHS – Spezial 11/23
„Gedenken ist kein rückwärtsgerichtetes Tun“
Seit rund einem Jahr leitet Henning Borggräfe das NS-Dok – Interview 10/23
Soziale Vision der Wärmewende
Konferenz in Bocklemünd – Spezial 10/23