Es sind archaische Bilder, die Richard Maxwell in seinem Stück „Ode to a man who kneels“ aneinander reiht. Ein Mann steht, ein Mann kniet. Was beide verbindet, ist eine Pistole. Dann sieht man eine Frau auf einer Bank sitzen, die auf einen Mann wartet, der nie kommt. Später kniet ein anderer Mann vor ihr auf dem Boden und bittet um ihre Hand. Bilder, die man hundertmal auf Fotos oder in Filmen gesehen hat und die sich dem kollektiven Erinnerungsvermögen eingebrannt haben.
Es ist bereits das dritte Stück, das der amerikanische Theatermacher Richard Maxwell in Bonn vorstellt. Bei der (inzwischen abgeschafften) Bonner Biennale 2005 war er mit „The Frame“ zu Gast. Im vergangenen Jahr inszenierte er hier sein Stück „Das Mädchen“ und nun bereicherte er mit seiner bereits 2007 uraufgeführten „Ode“ ein einwöchiges Festival zur amerikanischen Dramatik. In der Halle Beuel ist eine einfache Bühne aus Spielfläche und Rückwand aufgebaut, auf die ein vibrierender Lichtkegel wie in einer Laterna magica die Schatten der Figuren wirft. Es sind die langen Schatten der amerikanischen Geschichte, einer Geschichte von Cowboys, resoluten Frauen, von Gewalt, von Musik, die hier mitprojiziert werden.
Der „standing man“ (Jim Fletcher) ist ein schwarz gewandeter Killer, der Reiter engagieren will für eine Racheaktion. Kaum hat er den „kneeling man“ (Greg Mehrten) erschossen, trifft er in der Stadt den „dashing man“ (Brian Mendes), einen Fotografen, der um die „waiting woman“ (Anna Kohler) buhlt. Der Pistolero verliebt sich in die Frau und erschießt den Nebenbuhler. Die Figuren wirken jenseits jeder Individualisierung wie Archetypen; die Bewegungen sind auf ein Minimum reduziert, die Sätze von lapidarer Kürze, die Vorgänge in dieser harschen Welt wirken gelegentlich wie geronnen.
Todesgebet des Schauspielers
Die „waiting woman“, die eigentlich auf einen anderen Mann wartet, verhört den Killer mit gnadenloser Strenge. Hat er Frauen, hat er Männer, hat er Kinder vergewaltigt? Dreimal „Ja“. Hat er Menschen ermordet? Keine Erinnerung. Trotzdem sitzt sie mit ihm als Liebhaber idyllisch auf der Bank. Ist das emotionaler Pragmatismus oder schlicht Sozialdarwinismus? Man weiß es nicht, doch so brutal wurde die Gefühlswelt der Westerncharaktere selten beschrieben, auch wenn die zahlreichen Songs des Abends die Drastik ein wenig kompensieren.
Wie immer bei Maxwell geht es auch darum, die Differenz zwischen Rolle und Darsteller auf der Bühne bewusst zu machen. Nicht umsonst lautet der erste Satz des „kneeling man“ in seinem Todesgebet „Ich bin ein Schauspieler“ und mündet in einen Diskurs über Kunst. Die wartende Frau wird schließlich von der jungen Juny (Anastasia Gubareva) abgelöst. Ein neues Paar, die alte Geschichte. Am Ende formieren sich die gesuchten Reiter in der „großen Jagd Odins“, wie es im Text heißt, zu einem sich türmenden Leichenberg: Sie sind die toten Widergänger, die die Geschichte angehäuft hat.
„Ode to a man who kneels“ von Richard Maxwell I R: Richard Maxwell Theater Bonn | weitere Termine folgen I www.theater-bonn.de
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