Kunst ist keine Nebensache. Sie kann uns unmittelbar im Alltag berühren. Voraussetzung ist allerdings, dass eine Kommune dafür Sorge trägt, dass sie die Bürger auch erreicht. Noch vor wenigen Monaten konnte man morgens aus dem Haus treten und gegenüber auf der Lifaßsäule die Stimmen bedrohter Vogelarten verzeichnet sehen. Die Aktion stammte von Sophia Bauer, einer Absolventin der Kunsthochschule für Medien, deren Studierende die Möglichkeiten der Litfaßsäulen als faszinierendes Medium des öffentlichen Lebens als erste zu nutzen wussten. Christian Sievers zeigte uns in seinem Projekt „Wir haben keine Angst“, was man ganz konkret gegen die Bespitzelung durch die NSA tun kann. Im letzten Herbst durfte man dann über die Plakatmotive von Simon Menner schmunzeln, die uns vor Augen führten, wie sich Stasi-Spitzel einstmals ihre Tarnkleidung anlegten.
Jetzt sollen die Litfaßsäulen in Köln, die inzwischen zu „Kunstsäulen“ geworden sind, abgerissen werden. Wie kann das sein? Sind sie doch ein großartiges Medium, um Kunst dort zu präsentieren, wo sie von allen – also auch von den Menschen, die nie einen Fuß in ein Museum setzen – wahrgenommen werden können. Darüber hinaus existieren sie ja schon, Investitionen müssen nicht getätigt werden. Seit über 100 Jahren sind sie Teil des Stadtbildes und wenn man in die Zukunft blickt, lassen sich noch ungeahnte Projekte auf diesen analogen Flächen für Texte und Bilder verwirklichen.
Warum ist das alles in Gefahr? Die Stadt hat ihre Werbeflächen im Rahmen einer Ausschreibung an die Firma Ströer verkauft, und die reißt nun vertragsgemäß die alten Säulen ab und ersetzt sie durch drehbare Glasvitrinen, in denen Kommerz und nur am Rande Kulturevents beworben werden. Kunst kommt hier in jedem Fall nicht vor. Der Rat hat sich diese Suppe ohne Not selbst eingebrockt. Immerhin wird nun Reue gezeigt, sowohl die Kulturdezernentin als auch sämtliche Sprecher der Parteien innerhalb des Kulturausschusses beknien die Firma Ströer, die Kunstsäulen nicht weiter zu vernichten. Die Firma hat sich davon bisher wenig beeindruckt gezeigt. Am 14. Februar steht die nächste Ratssitzung an, dann besteht die Gelegenheit, sich geschlossen zu positionieren. Die Oberbürgermeisterin Henriette Reker wäre gefordert, das Gespräch mit der Firma Ströer zu suchen. Köln hat ein Talent aufgrund fehlender Visionen vorhandenes Kulturgut selbst zu zerstören, siehe ersatzloser Abriss der Kunsthalle. Kunst ist in Köln traditioneller Weise nicht bloß eine Angelegenheit der Eliten gewesen, stets nahm das Bürgertum interessiert an ihr teil. Nun sollte man sich nicht erneut ins Knie schießen und die Kunstsäulen erhalten, die eine einzigartige Möglichkeit bieten, Kunst wieder in das tägliche Leben der Stadt zu tragen.
Um der Stadt einen zusätzlichen Anstoß zu geben, organisierte Damian Zimmermann mit den Art Initiatives Cologne (AIC) die Online-Petition „Erhalten Sie die Kunstsäulen in Köln“.
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