„Humans create the most ugly fences“ ist auf einem der Open-Call-Plakate zu lesen, die an den Wänden des vom grellen Tageslicht durchfluteten White Cubes in der Fotoausstellung „Now you see me Moria“ hängen. Nach einem Großbrand im griechischen Flüchtlingscamp Moria im Jahr 2020 wurde ein Großteil der Bewohner auf das Camp Kara Tepe, auch Moria 2 genannt, umgesiedelt. Dort herrscht eine absolute Verbotszone für Medienvertreter. Doch der afghanische Bewohner Amir sah sich gezwungen, die verheerenden und unwürdigen Lebenszustände in den Camps und an den EU-Außengrenzen der Außenwelt nicht vorzuenthalten und wurde selbst aktiv.
Amir, ein aus Afghanistan stammender 21-jähriger Mann, musste bereits in Moria auf der griechischen Insel Lesbos im sogenannten Hotspot-Lager der EU einige Jahre unter katastrophalen und verheerenden Bedingungen verbringen. Dort hielt er den grausamen Alltag und die tägliche Realität der zahlreichen Flüchtlinge mit seiner Handy-Kamera fest und veröffentlichte die Fotos auf Instagram und Facebook. Denn die Sichtbarkeit des Lagers sank drastisch, nachdem auch im Camp zwei Journalisten und Fotografen der Zugang verwehrt wurde. Dem entgegnete der 21-Jährige mit der Unterstützung von Noemi, einer Bildredakteurin aus den Niederlanden. Der weitere Sinn hinter Amirs Dokumentation, die seit 2021 von Designern aus aller Welt aufgegriffen und als Open-Call genutzt wurde, ist die Sichtbarmachung des verheerenden Problems, um die Lage zu verbessern und mit Slogans und Kontrasten auf den Plakaten auf die Verantwortung der EU zu verweisen. Die Aussagen, die in großer Schrift gedruckt auf den Fotos mal seitlich, mal horizontal zu lesen sind, sind so eindringlich wie widersprüchlich zugleich. Widersprüchlich im Verhältnis zu den wichtigsten Rechten eines jeden Individuums, denen sich Europa einmal verpflichtet und zugesichert hatte. „Why don’t we treat people as people“ oder „We crossed the sea to find ourselves in water again“ sind dabei nur einige wenige einfacher und demonstrativer Sätze, die das Problem fraglos übermitteln und beim Betrachter abermalig für Entsetzen sorgen.
Neben einigen der ausgestellten Open-Call-Plakate führt auch eine Diashow von Giorgio Morra mit dem Titel „Bad Game“ durch die Ausstellung, in der auf die prekären Lebensbedingungen geflüchteter Menschen entlang der EU-Außengrenzen aufmerksam gemacht wird.
Now you see me Moria | bis 24.6. | Michael Horbach Stiftung Köln | www.michael-horbach-stiftung.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Vorwärts Richtung Endzeit
Marcel Odenbach in der Galerie Gisela Capitain – Kunst 11/24
Außerordentlich weicher Herbst
Drei Ausstellungen in Kölner Galerien schauen zurück – Galerie 11/24
Lebenswünsche
„Körperwelten & Der Zyklus des Lebens“ in Köln – Kunst 09/24
Die Absurdität der Ewigkeit
Jann Höfer und Martin Lamberty in der Galerie Freiraum – Kunstwandel 08/24
Unser Körper in Schichten
„Körperwelten & Der Zyklus des Lebens“ in Köln
Tage des Schlafwandelns
„Übergänge des Willens“ im KunstRaum St. Theodor – Kunstwandel 07/24
Das Gewicht der Gedanken
„scheinbar schwerelos“ im Zündorfer Wehrturm – Kunst 06/24
Suche nach Menschlichkeit
Burkhard Mönnich in der Galerie Martinetz – Kunst 05/24
Steigen, Verweilen, Niedersinken
Nadine Schemmann mit zwei Ausstellungen in Köln – Kunstwandel 05/24
Das Verbot, sich zu regen
„Es ist untersagt ...“ von Frank Überall im Gulliver – Kunstwandel 04/24
Makroproteste in der Mikrowelt
Agii Gosse in der Galerie Landmann-31 – Kunstwandel 03/24
Expansion in die Löwengasse
Kunstraum Grevy eröffnet Pop-Up-Store „Grevy Satellite“ – Kunst 02/24
Vorgarten der Unendlichkeit
Drei Ausstellungen zwischen Mensch und All – Galerie 12/24
Mit dem Surrealismus verbündet
Alberto Giacometti im Max Ernst Museum Brühl des LVR – kunst & gut 11/24
Fragil gewebte Erinnerungen
„We are not carpets“ im RJM – Kunst 10/24
Geschichten in den Trümmern
Jenny Michel in der Villa Zanders in Bergisch Gladbach – kunst & gut 10/24
Ein Himmel voller Bäume
Kathleen Jacobs in der Galerie Karsten Greve – Kunst 09/24
Leben/Macht/Angst
„Not Afraid of Art“ in der ADKDW – Kunst 09/24
Die Freiheit ist feminin
„Antifeminismus“ im NS-Dokumentationszentrum – Kunstwandel 09/24
Atem unserer Lungen
„Body Manoeuvres“ im Skulpturenpark – kunst & gut 09/24
Vor 1965
Marcel van Eeden im Museum Schloss Morsbroich in Leverkusen – kunst & gut 08/24