Milla und Luca führen eine lesbische Beziehung; Milla ist ein Star und Luca (Nicole de Cruppé und Lina Eisenhauer) fühlt sich vernachlässigt. Sie provoziert, es kommt zum Krach, beinahe zieht eine aus aus dem Luxusheim, dann aber geht doch alles wieder von vorne los, auf einer anderen Ebene: Ein Zitronenbäumchen aus Lucas Kindheit wird zu einem locus amoenus der Beständigkeit, saftig angestrahlt von Scheinwerfern. Aber nichts ist hier echt, finder Milla. Das gesamte Stück verhandelt den schönen Glanz und die Fake-Kultur, die auf der Bühne zur Kunst werden kann. – Kann sie das?
Patrick Reichert-Young hat mit seinem Stückkonzept „Auf Ewig GemEinsam“ den erstmals von der Studiobühne ausgeschriebenen Regiewettbewerb gewonnen. Er ist 1985 geboren, studiert, malt, filmt, schreibt und zeigt hier sein Regie-Debut. In seiner Inszenierung interpretieren verschiedene Künstler das Stück: Wie Musikvideos unterbrechen Filme den Abend und zelebrieren Kostüm, Frisur und die beiden Protagonistinnen – aber das zerbrochene Porzellan setzt sich wieder zusammen: In dieser Welt bleibt alle Wut folgenlos. Man kann hier nicht sterben. Mit Frühlingsduft aus Sprühdosen wird das Publikum eingenebelt. Mit Porno-Bananen und Pfeifen nimmt die Produktion Bezug auf Pop-Art und Surrealismus (nach dem Motto: „Dies ist keine Pfeife“). Kostüme und Filme erinnern an Christina Aguilera und ein bisschen an Matthew Barney, der Ästhetizismus bewegt sich irgendwo zwischen Oscar Wilde, schlechten Soaps im Adelsmilieu und Cindy Sherman. Milla und Luca warten auf Godot, unterhalten sich im Zeitlupentempo und schaffen ihren Sätzen einen Resonanzraum, in dem ihre Bedeutungslosigkeit kaum erträglich nachhallt. Der Abend ist nicht unwitzig, aber ungeheuer zäh. Die Referenzen sind nicht nur der Schlüssel zum Verständnis, sondern Teil des Problems: Das Ready-Made ist eben eher Installationsobjekt, es braucht keinen Plot. Das Leiden an der Oberfläche bleibt oberflächlich, wenn es zu wenig „echte“ Regieeinfälle, kaum Reibungsfläche zwischen Authentizität und Fake oder gute schauspielerische Angebote gibt - jammern, Füße stampfen und die Arme verschränken reichen nicht. Hier wurde der Versuch unternommen, einen neuen Weg fürs Theater zu beschreiten. Das Experiment war’s wert.
„Auf Ewig GemEinsam“ von Patrick Reichert-Young | R: Patrick Reichert-Young | Studiobühne | 18.-21.5., 20 Uhr | www.studiobuehne-koeln.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Licht in der Finsternis
„Brems:::Kraft“ in Köln und Mülheim a.d. Ruhr – Theater am Rhein 01/25
Ausweg im Schlaf
„Der Nabel der Welt“ in Köln – Theater am Rhein 01/25
Klamauk und Trauer
„Die Brüder Löwenherz“ in Bonn – Theater am Rhein 01/25
Ein Bild von einem Mann
„Nachtland“ am Theater Tiefrot – Theater am Rhein 12/24
Fluch der Stille
„Ruhestörung“ am TdK – Theater am Rhein 12/24
Im Land der Täter
„Fremd“ am Theater Bonn – Theater am Rhein 12/24
Das Mensch
„Are you human“ am TiB – Theater am Rhein 12/24
Wege in den Untergang
„Arrest“ im NS-Dokumentationszentrum Köln – Theater am Rhein 10/24
Bis der Himmel fällt
Franz Kafkas „Der Bau“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 09/24
Feder statt Abrissbirne
„Fem:me“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 07/24
Der Untergang
„Liquid“ von Wehr51 – Theater am Rhein 07/24
Gefährlicher Nonsens
Kabarettist Uli Masuth mit „Lügen und andere Wahrheiten“ in Köln – Theater am Rhein 07/24
Den Schmerz besiegen
„Treibgut des Erinnerns“ in Bonn – Theater am Rhein 07/24
Alles über Füchse
„Foxx“ in den Ehrenfeldstudios – Theater am Rhein 07/24
Vergessene Frauen
„Heureka!“ am Casamax Theater – Theater am Rhein 06/24
Freiheitskampf
„Edelweißpiraten“ in der TF – Theater am Rhein 06/24
Menschliche Eitelkeit
„Ein Sommernachtstraum“ in Köln – Theater am Rhein 06/24
Die Grenzen der Freiheit
„Wuthering Heights“ am Theater im Bauturm – Theater am Rhein 06/24
Erschreckend heiter
„Hexe – Heldin – Herrenwitz“ am TiB – Theater am Rhein 05/24
Verspätete Liebe
„Die Legende von Paul und Paula“ in Bonn – Theater am Rhein 05/24
Schöpfung ohne Schöpfer
Max Fischs Erzählung „Der Mensch erscheint im Holozän“ am Theater der Keller – Theater am Rhein 05/24
Zeit des Werdens
„Mädchenschrift“ am Comedia – Theater am Rhein 05/24
Für die Verständigung
Stück für Gehörlose am CT – Theater am Rhein 03/24
Im Höchsttempo
„Nora oder Ein Puppenhaus“ in Bonn – Theater am Rhein 03/24
Musik als Familienkitt
„Haus/Doma/Familie“ am OT – Theater am Rhein 03/24