Zuerst: Wir freuen uns auf die neue Theaterspielzeit, die dritte unter der Schauspielintendantin Karin Beier, die erste unter dem neuen Opernintendanten Uwe Eric Laufenberg, wir freuen uns auf dieerste Premiere im neu erbauten Kinder- und Jugendkulturhaus der Comedia, auf die spannenden Festivals IMPULSE, Theaterszene Europa und GLOBALIZE:COLOGNE sowie die zahlreichen Arbeiten der Privattheater und freien Gruppen, die einem – neben den Museen, freien Kunstorten und der Musikszene – das Gefühl vermitteln, vielleicht doch nicht ganz in der Provinz, sondern in einer vitalen, spannenden Kulturstadt zu leben.
Aber: Damit wird es bald komplett vorbei sein, sollten die durch den Kölner Kämmerer geforderten 30% Einsparungen im Kölner Kulturetat Wirklichkeit werden. Der Politik und den Kölner Bürgern ist vielleicht nicht bewusst, dass viele Kölner Theater und freie Ensembles trotz ihrer 300.000 Besucher im Jahr schon jetzt täglich um ihre Existenz kämpfen und von der Stadt, die sich damit begnügt, am „27- meisten“ unter den deutschen Großstädten für Kultur auszugeben, völlig im Stich gelassen fühlen. Was die hiesige Szene braucht, sind kräftige Erhöhungen der Mittel auch in Zeiten der Krise. Sie braucht die Möglichkeit zur Expansion ausgehend vom untersten Level. Die guten Ansätze der letzten zwei Jahre, mit einer jährlichen Erhöhung des Kulturetats von rund 7 Mio. Euro, von denen ein Teil auch den freien Theatern zugute kam, waren nur ein erster Schritt und dürfen nicht über die prekäre Situation vieler Institutionen hinwegtäuschen.
Zum Vergleich 1: Die Stadt Wien hat jüngst Köln zum Vorbild erkoren und das hiesige Theaterförderkonzept für die Freie Theaterszene übernommen. Mit einem Unterschied; während Köln seine Theaterszene mit vergleichbarer Größe 1,8 Mio. Euro im Jahr wert ist, erhält die Wiener Freie Theater- und Tanzszene satte 24 Mio. Euro pro Jahr. Das ist 13mal mehr! Wo sieht sich die Stadt im Vergleich mit anderen europäischen Metropolen?
Zum Vergleich 2: Die Stadt Hamburg stattet ihr freies Theaterhaus Kampnagel jährlich mit einem Betriebskostenzuschuss von 3,6 Mio. Euro aus. Das ist doppelt so viel für ein Haus wie für alle freien Theater und Freien Gruppen Kölns zur Verfügung steht. Wo will man hier bitte noch sparen? Das ist völlig absurd.
Wann übernehmen endlich die Kölner Bürger das Kommando und verpflichten ihre Politiker sowie den neuen Oberbürgermeister darauf, diese – bis Anfang der Neunziger Jahre – weltweit bedeutende Kunst- und Kulturstadt national und international wieder konkurrenzfähig zu machen. Zumeist sind es Kunst und Kultur, in denen nachfolgende gesamtgesellschaftliche Entwicklungen vorweggenommen oder initiiert werden: Gerade die Kulturszene kann in Zeiten der Krise zukunftsweisende Impulse und Identität stiften, ein Niedergang des hiesigen Kulturstandortes hingegen wird den Wirtschaftsstandort nach sich ziehen und der Stadtgesellschaft binnen kürzester Zeit ihre Identität rauben. Es sollte doch Lehre genug sein, welche Wunde der Einsturz des Stadtarchives, das vorher kaum jemand so richtig wahrgenommen hatte, hinterlassen hat...
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