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Die Jungs rauschen mit dem Fatmobil durch die Galaxien
Foto: Dirk Burghaus

Schwitzender Junge

02. Juni 2014

„Fatboy“ im Horizont Theater entpuppt sich als starkes Jugendstück – Theater am Rhein 06/14

„Schwabbel, Schwabbel, Schwabbel“ so tönt es unbarmherzig Tag um Tag in Konstantins Schule. Irgendwann ist beschlossene Sache, dass alle ihn eklig finden und sich die Ablehnung in Hass verwandelt. Keiner weiß warum, einfach weil Konstantin mehr Pfunde auf den Rippen mit sich herumschleppt als die anderen. Auch Kevin hat sich stets an der Verhöhnung seines Mitschülers beteiligt. Dabei hat er Konstantin einmal beobachtet, als dieser auf den Dachfirst stand und Selbstgespräche führte. „Fatboy“, das Jugendstück von Anja Schöne und Andreas Gruchalski, das jetzt im Horizont Theater Uraufführung feierte, bewegt sich immer wieder an der Kante zwischen Verzweiflung und Versöhnung.

Steven Reinert spielt Konstantin, den Sohn des Pfarrers, eines Gutmenschen, der über dem Polieren seines Seelenheils den eigenen Sohn aus dem Blick verliert. Den familiären Hintergrund der beiden Protagonisten malen Schöne und Gruchalski in den breiten Konturen griffiger Klischees. So darf Henning Jung als Kevin („Kein Name, sondern eine Sammelbezeichnung!“) von der Gleichgültigkeit seines alkoholisierten Hartz IV-Erzeugers erzählen. Eindrucksvoll ist die von Anja Schöne inszenierte Produktion immer dort, wo Kevin und Konstantin miteinander in den Clinch gehen. Henning Jung liefert die unaufhörlich schaukelnden Bewegungen der Rapper und gestattet Konstantin keine selbstmitleidigen Klagen über das Schicksal der Dicken. Steven Reinert stehen schon zu Beginn die Schweißperlen auf der Stirn. Kein Zweifel: Sich als fettleibiger Mensch durch den Alltag zu kämpfen, ist anstrengend. Da bleibt nur der Ausweg in die Träume vom galaktischen Superhelden, um dem Elend der Realität zu entfliehen. Steven Reiner imponiert mit einem lässigen Fatalismus, der ihn auf intelligente Weise über die Vorurteile der Umwelt erhebt. Gut, dass Anja Schöne den Konflikt zwischen Kevin und Konstantin nicht durch voreilige Harmoniebestrebungen erstickt.

Kevin braucht Konstantin, weil der ihm ein Alibi verschaffen kann, nachdem man ihn unschuldig einer Dieberei bezichtigt hat. Aber wenn er das Alibi annimmt, kommt heraus, dass er seine Freizeit mit dem dicken Alien der Schule verbracht hat. Der Text spitzt den Konflikt raffiniert zu, freilich ohne ihn dann dramaturgisch auszuspielen. Dennoch gehört „Fatboy“ zu den interessantesten Jugendstücken der letzten Zeit in Köln. Die beiden jungen Schauspieler geben alles und ihre Dialoggefechte bleiben originell bis zum Schlussbild. Das ist knackiges Theater und kein Betroffenheitsdrama.

„Fatboy“ | R: Anja Schöne | Horizont Theater | 0221 13 16 04

Thomas Linden

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