Mit einem IAMHERE in leuchtend roten Lettern im Bühnenbild von Horváths „Jugend ohne Gott“ hatte PiaMaria Gehle zu Beginn der Spielzeit ihre Intendanz am Theater der Keller eröffnet. Und wie sie da ist! Hat sie doch mit Wagemut und guten Arbeiten das Haus in der Kleingedankstraße konsolidiert. Klar, dass sich die Leuchtschrift auch unter den Versatzstücken findet, die das Bühnenbild für die letzte Produktion dieser Saison abgeben. „Stör ich?“ wird zum Abschluss der „KellerRevolution“ kokett gefragt.
Iris Matzen, Regisseurin und Autorin, hat einen kurzweiligen und sehr lustigen Abend inszeniert, der Kulturpolitik kabarettistisch aufbereitet und selbstironische Einblicke in das Alltagsgeschäft des Freien Theaters bietet. „Stör ich?“ ist Theater über Theater, darüber wie man ohne Geld in selbstausbeuterischer Arbeit Kunst machen kann – und was man tun muss, wenn man doch Geld aus öffentlicher Hand haben möchte. „Integrieren durch Inszenieren“ vielleicht. Dumm nur, dass Pianist Jonathan (Sebastian Kemper) auch mit angeklebtem Schnauzbart nicht wirklich als „Ali“ durchgeht. Ersatzweise kämen auch Filmprojektionen für ein intermediales Theater in Frage, aber das will Schauspielerin Bernadette (Cornelia Schönwald) nicht recht behagen. Und so muss Regisseur Kai-Eric (Frank Maier) beständig kürzen, ändern, beschwichtigen. Dabei hat er ganz gut verinnerlicht, was gerade angesagt ist, jedenfalls gemessen an Förderrichtlinien und dem Avantgarde-Ritterschlag der Feuilletons.
Nebenbei gibt er dem Publikum Nachhilfe im korrekten Verhalten auf Proben: es wird keinesfalls geklatscht. Das bringt Unglück. Und so darf das Publikum, dem erzählt wird, es sei auf einer öffentlichen Probe, nicht applaudieren nach den gesungenen Liebeserklärungen an das Theater, die Cornelia Schönwald so fabelhaft intoniert.
Songs, Witz und Slapstick können aber nicht verbergen, dass „Stör ich?“ ein theoriefreies Vergnügen ist. Die Frage danach, warum sich eine (Stadt-)Gesellschaft Theater leisten muss, bleibt ungestellt und damit unbeantwortet. Aber dazu hatte der übrige Spielplan des Kellers eine Menge zu sagen.
„Stör ich?“ von Iris Matzen | R: Iris Matzen | Theater der Keller | Sa 2.7., Fr 8.7., Sa. 9.7., Di 12.7., Mi 13.7. je 20 Uhr, So 3.7., So 10.7. je 18 Uhr | 0221 27 22 09 90
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